Daddy Jere, seine Frau Sandy Lee und die an eine hippe Version der Waltons klingenden Kinder namens Cia Leigh, BJ, Skip und Molly Kate sind absolute Bluegrass-Experten. Das sind sie übrigens eher durch einen Wink des Schicksals geworden: Nach dem tragischen Tod der ältesten Tochter fuhr die gesamte Familie auf ein Bluegrass-Festival, um etwas Abstand von dem Schicksalsschlag zu gewinnen. Irgendwie kamen sie mit dem legendären Bluegrass-Brüderpaar Jim und Jesse McReynolds in Kontakt – und waren sofort vom Lebensgefühl und der Wärme der Musiker und der Musik angetan. Auf der Heimfahrt war die Familienband beschlossene Sache.
Das alles ist jetzt rund zehn Jahre her. Seitdem hat die Familien-Bande sechs Alben veröffentlicht; die letzten drei eroberten Spitzenplätze in den Bluegrass-Charts und teilweise Platzierungen in den Top 100 Country-Charts. An diese Erfolge möchten die Cherryholmes mit ihrem neuen Werk "Common Threads" anknüpfen.
Die Chancen dafür stehen ausgezeichnet. Denn erstens wird, das kann man durchaus feststellen, der Cherryholmes-Nachwuchs immer hübscher und hübscher. Und zweitens – viel wichtiger! – findet das sechsköpfige Familienunternehmen immer mehr zu ihrem eigenen Sound.
Die Basis für die Klänge des Sextetts ist natürlich nach wie vor Bluegrass. Doch anders, beziehungsweise mehr als Alison Krauss, die Dixie Chicks oder Sam Bush, bandeln die Cherryholmes auch mit gefälligen Pop-Melodien an. Oder mit Folk und Blues. Wer jetzt vorschnell an ein Einknicken vor dem Mainstream denkt, täuscht sich. Ganz gewaltig sogar. Denn Papa Jere & Co. bleiben sich und ihrer Musik zu jederzeit treu. Ein kleines Kunststück! Denn irgendwie gelingt es ihnen, authentischen Bluegrass mit gefälligen, mehrheitsfähigen Melodien und mit moderner Vortragsweise homogen zu vermengen. Songs wie "It's Your Love", "Just You" oder auch das bluesige, kraftvoll interpretierte "Standing" verströmen die Aura eines modernen Pop-Songs – ohne aber dabei Zugeständnisse an die dafür typischen Arrangements zu machen.
So zeigen sie, dass es keine E-Gitarre und Drums braucht, um einen zünftig swingenden Blues auf die Bretter zu zaubern ("Changed In A Moment"). Selbst der rockige Opener "When It's Not With Me Everyday" gedeiht in diesem stromfreien Umfeld prächtig, was auch ein Verdienst von Gaststar Ricky Skaggs sein dürfte.
Zur Höchstform laufen die singenden Waltons natürlich auf, wenn sie in ihrem Stil-Fahrwasser schippern, im Bluegrass. In Songs wie dem genauso flotten wie schönen "The Harder I Fall", der Fiddle-Orgie "Tatoo Of A Smudge" oder dem wunderherrlichen "Idle Minds". Da die Familie alles selbst singt und spielt, kann man die Leistung nicht hoch genug einschätzen. Keine Frage: Die Kellys können da nicht mehr mithalten. Die Waltons auch nicht.
Fazit: Roots-Bluegrass, teilweise kombiniert mit Folk, Pop und Blues. Eine Mixtur, die deshalb nicht nur Traditionalisten begeistern sollte.
Label: Skaggs Family (RoughTrade) | VÖ: 2. Juli 2010 |
Titelliste CD
Links
01 | When it's Not With Me Everyday | 08 | How Far Will You Go |
02 | Live It | 09 | Making Pretend |
03 | Idle Minds | 10 | Weaver of Lies |
04 | Changed In a Moment | 11 | I Am Your Conscience |
05 | The Harder I Fall | 12 | Just You |
06 | It's Your Love | 13 | Tattoo of a Smudge |
07 | Standing |