Damit ist auch schon gesagt, wohin die Reise von Jere (dem Kontrabass spielenden Papa), Mutter Sandy Lee und den singenden und musizierenden Kindern Cia Leigh, BJ, Skip und Molly Kate geht: in die größtenteils naturbelassene Welt der amerikanischen Roots-Musik. Auch wenn die Familie auf den Cover-Fotos aussieht wie die Waltons nach einem H&M-Besuch - stylish, sexy, hip - machen sie musikalisch nur wenig Zugeständnisse an moderne Strömungen.
Und das ist auch gut so. Ähnlich wie Alison Krauss oder die Dixie Chicks vertrauen sie ganz auf die Kraft akustischer Instrumente, glockenklarer Stimmen und klassischem Songwriting. Das genügt auch. Allemal, wie die 13 (plus Klassik-Bonustrack) Titel des mittlerweile sechsten Albums "Don't Believe" verdeutlichen. Schon der Opener "I Can Only Love You (So Much)" legt die Qualitätslatte hoch - ein super-rasanter, mit dezenten Pop-Melodien angereicherter Bluegrass-Song. Neben den gesanglichen Vorzügen von Cia Leigh dürfen ihre Eltern und Geschwister auch gleich mal zeigen, was sie so alles an Fiddle, Mandoline, Gitarre, Banjo und Kontrabass drauf haben. Es ist: eine ganze Menge! Um nicht zu sagen: Weltklasse...
Nun, es ist tatsächlich weltklasse, was diese Bluegrass-Version der Kelly Family hier abliefert. Ohne produktionstechnisches Klimbim und weitgehend ohne Klang-Schminke serviert das fingerflinke Sextett ein extrem kurzweiliges Bluegrass-/Folk-Album ab. Vielfältig virtuos besetzt, darf jeder der sechs Cherryholmes im Rampenlicht stehen - und egal wer es gerade ist, er oder sie macht eine blendende Figur. Das gilt für die diversen, im Uptempo gehaltenen 2/4-Takt-Feger wie "Sumatra", "Traveler" oder der Titeltrack. Aber auch für verhaltenere, teilweise auch tief schürfende Songs. "The King as a Babe Comes Down", eine religiös inspirierte Ballade, zählt genauso dazu wie das an die ruhigen Momente von Alison Krauss erinnernde "This Is My Son". Auch wenn Cia Leigh mit ihrer umwerfenden - erneut auf Alison Krauss verweisenden - Stimme in den meisten Titeln die Lead-Vocals übernimmt, garantieren ihre Familienmitglieder vokale Abwechslung. So brilliert Skip bei dem getragenen Folk-Song "My Love For You Grows" als sensibler Geschichtenerzähler. Mutter Sandy zeigt dagegen in "The Sailing Man", dem vielleicht traditionellsten Song der CD, dass sie sich keineswegs hinter ihren Sprösslingen verstecken muss.
Wie sehr die Cherryholmes Kontraste lieben und es dazu vorzüglich verstehen, scheinbar Unvereinbares zu einem einzigen, großen, homogenen Ganzen zu verschmelzen, wird in dem Titel "Broken" deutlich. Ein enorm relaxtes Werk, zunächst ganz dem Bluegrass verhaftet, gegen Ende aber mit erstaunlich unkitschigen Klassik-Elementen voll gegen den Strich gebürstet. Wow! Muss man gehört haben. Für einen optischen Aha-Effekt sorgen sie auch im Booklet. Auf zwei Seiten posieren die sechs mit drei schweren Harleys: die Herren sitzen lässig auf den knatternden Maschinen, die Damen-Cherryholmes posieren grazil daneben. Wer wäre nicht gerne auch ein Cherryholmes?
Fazit: Exzellenter, zeitgenössischer Bluegrass von der derzeit vielleicht musikalischsten Großfamilie im Country. Wer Alison Krauss oder Rhonda Vincent mag, wird auch die Cherryholmes lieben.
Label: Skaggs Family (in Deutschland nicht erschienen) | VÖ: 30. September 2008 |
Titelliste
Links
01 | I Can Only Love You (So Much) | 08 | Bleeding | ||
02 | King as a Babe Comes Down | 09 | Sailing Man | ||
03 | Don't Believe | 10 | Broken | ||
04 | This Is My Son | 11 | Devil in Disguise | ||
05 | Sumatra | 12 | Mansker Spree / O'Coughlin's Reel | ||
06 | My Love for You Grows | 13 | Traveler | ||
07 | Goodbye |
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