Seinen Namen verdankt er dennoch weder seinem gut gehüteten Cowboy-Image noch seiner Reiselust. Seine wortreichen Redeschwälle und Abschweifungen waren es, die die Mutter von Folk-Sängerin Odetta zu diesem Spitznamen inspirierten. Zweifellos kann Ramblin' Jack Elliott wunderschöne Geschichten erzählen – auch wenn es meist nicht seine eigenen sind. Musikalisch konzentriert er sich meist auf die Interpretation großer Songs, denen er mit seiner rauen Stimme seinen persönlichen Stempel aufdrückt.
Am 3. April 2009 veröffentlicht der Grammy-Gewinner nun den Nachfolger zu seinem Anti-Records-Debüt 2006: "A Stranger Here". Gemeinsam mit Produzent Joe Henry (u.a. Bettye LaVette, Solomon Burke, Elvis Costello) nahm er in nur vier Tagen eine Sammlung von zehn Blues-Klassikern aus der Zeit der Großen Depression auf – Songs, die trotz ihres stolzen Alters in Zeiten der internationalen Finanzkrise wieder aktuell sind. Mit im Studio waren u.a. Multiinstrumentalist Greg Leisz, Los Lobos-Frontmann David Hidalgo, Bassist David Piltch, Keyboard-Virtuose Keefus Cinancia, Drummer Jay Bellerose und Van Dyke Parks. Das Ergebnis ist ein düsteres und poetisches Album voller Schwermut und Melancholie, das durch seine Einfachheit und Emotionalität besticht.
Mit einem klimpernden Honky Tonk-Piano und einem etwas eigensinnigen Rhythmus eröffnet der Blind Lemon Jefferson-Song "Rising High Water Blues" das Album – und setzt gleichzeitig den Ton: Bis auf wenige Ausnahmen finden sich auf "A Stranger Here" vor allem knarrige Balladen und stille Klagelieder. Auch "Rambler's Blues", das perfekt das wehmütige "on the road"-Feeling tranportiert, ist da keine Ausnahme und auch in der Rev. Gary Davis-Nummer "Death Don't Have No Mercy" geht es um ernste Themen: den Tod, der eine Familie heimsucht. Dass Jack Elliott jedoch nicht immer alles so ernst nimmt, macht der dezent humoristische Unterton des Songs deutlich. Ebenfalls einen etwas lockereren Ton schlagen das augenzwinkernde "Richland Woman Blues" und das eingängige "New Strangers Blues" an. Sehr reduziert, fast nur mit Akkustik-Gitarre und Schlagzeug bestritten, dafür aber äußerst eindrucksvoll klingt dagegen wieder "Soul of a Man", im Original von Blind Willie Johnson. Eine sehr zurückgenommene Instrumentierung und eine fast schon bedrückende Stimmung prägen auch den lebensweisen ("a true friend is hard to find") Titel "Grinnin' in Your Face".
Ein drohendes Grollen im Hintergrund und dumpfe Schlagzeugrhythmen stehen bei "Falling Down Blues" im Gegensatz zu den zarten und melodiösen Gitarrenklängen und kreieren so einen interessanten und spannenden Sound. Ebenso klopfende Beats – und eine Mundharmonika – dominieren auch das nachdenkliche Stück "How Long Blues", während der letzte Song des Albums, "Please Remember Me" von einem fliegenden, äußerst virtuosen Piano begleitet wird.
Fazit: Ein stilles, aber eindrucksvolles und vor allem eindringliches Konzeptalbum voller trotziger Melancholie. Rumblin' Jack Elliott hat den alten Blues-Songs hier seinen eigenen – und eigensinnigen – Stempel aufgedrückt.
Label: Anti (SPV) | VÖ: 04. April 2009 |
Titelliste
Links
01 | Rising High Water Blues | 06 | Grinnin' In Your Face |
02 | Death Don't Have No Mercy | 07 | The New Strangers Blues |
03 | Rambler's Blues | 08 | Falling Down Blues |
04 | Soul of a Man | 09 | How Long Blues |
05 | Richland Women Blues | 10 | Please Remember Me |