Auch bei Heart of Gold führte Jonatham Demme Regie
Vier Tage nach den Studioaufnahmen sollte Neil Young unters Messer, Ausgang ungewiss. Wie um zu beweisen, dass er dem Tod nochmal von der Schippe gesprungen ist, folgten nach erfolgreicher Genesung die Konzerte im Ryman Auditorium. Aber es war kein kraftmeierischer Brachialauftritt, sondern eine berührende Rückbesinnung, ein Alterswerk, dessen Essenz Regisseur Jonathan Demme ("Das Schweigen der Lämmer") schlicht, doch eindrucksvoll eingefangen hat.
One of These Days
Um den intimen Charakter des Konzertmitschnitts noch zu unterstreichen, verzichtete Demme auf jegliches Beiwerk, etwa zwischengeschnittene Interviews oder Publikumsbilder. Lediglich in einem kurzen Intro, dass Young und die Musiker auf dem Weg zur Show zeigt, ringt er den Beteiligten ein Statement ab. Der Rest ist Konzert pur. Eine hochklassige Country- und Folk-Show, die im ersten Teil fast alle Songs von "Prairie Wind" enthält, und im zweiten Teil aus alten und jüngeren Klassikern wie "I Am a Child", "Harvest Moon" und "Heart of Gold" besteht. Dabei beweist Demme ein sicheres Gespür für die beiläufigen, aber ungemein persönlichen Momente. Ein warmherziger Blick zwischen Young und seiner Frau Pegi, ein flüchtiges Lächeln für Emmylou Harris, die beide bei einigen der Stücke Background singen. Wortloses Verständnis zwischen dem Ausnahme-Künstler und seinen langjährigen Begleitern wie Bassist Rick Rosas, Ben Keith an der Pedal Steel und Spooner Oldham am Piano.
Those Were The Good Old Family Times
Neil Young selbst erzählt während der Show mehr als sonst bei einer ganzen Tournee. Mit teils glänzenden Augen kommentiert er das Repertoire, blickt wehmütig zurück. So bewegt hat man den Kanadier und Wahl-Kalifornier noch nie gesehen. Er teilt Erinnerungen an seinen Vater, bevor das dazugehörige Stück "Prairie Wind" folgt. Seiner flügge gewordenen Tochter gibt er die Liebeserklärung "Here for You" mit auf den Weg, und seiner Akustik-Klampfe, die einst Hank Williams gehörte, widmet er "This Old Guitar" und freut sich, dass sie nun den Weg in die Grand Ole Opry zurückgefunden hat. Vor "Old Man" berichtet Young, wie ihn der ehemalige Vorarbeiter seiner Ranch zu dem Song inspirierte. Damals war Young 24 Jahre alt. Jetzt, mit über 60 und nach einer 40-jährigen Karriere, könnte das Stück auch an ihn selbst gerichtet sein.
If You Follow Every Dream, You Might Get Lost
Am nachhaltigsten bleibt jedoch das Schlussbild des Films in Erinnerung: Während der Abspann läuft, sitzt ein einsamer Neil Young vor (mittlerweile oder noch?) leeren Zuschauerrängen und spielt "The Old Laughing Lady". Danach packt er umständlich die Gitarre ein und schlurft von der Bühne. Zerbrechlich, fast orientierungslos, als ließe er in Gedanken sein bisheriges Leben noch einmal Revue passieren. Die Freunde, die er zurücklassen musste, die Liebe, die er gegeben und empfangen hat, die treuen Weggefährten, mit denen er Triumph und Niederlage teilte. It's A Long Road Behind Him. Dieser hinreißende Konzertmitschnitt erzählt davon.
Fazit: "Heart of Gold" ist ein Film, der jedem Neil Young-Fan Tränen der Rührung in die Augen treibt. Das Dokument eines stilvollen wie wehmütigen Nostalgie-Trips, intim und persönlich. Der beste Neil-Young-Konzertmitschnitt seit "Rust Never Sleeps"!