Der Song-Titel ist Programm: "Still a Little Country Left"
Nach der Trennung von seiner Verlobten stellte Curtis Grimes offenbar alles in Frage: den Sport, das Studium. Trost spendete ihm nur: die Musik. Er begann Gitarre zu spielen und traurige Lieder zu singen - und wurde besser und besser. Obwohl er zwischenzeitlich seine akademische Laufbahn nochmals aufnahm (an der Texas State University in San Marcos), erlag er mit jedem weiteren kleinen Club-Gig mehr und mehr dem Lockruf der Musik. Der Country Music. Endgültig geschehen war es um ihn, als er die Chance bekam, bei einem Kenny Chesney-Konzert in Austin den Opener zu geben. "Es war chaotisch, ich musste mir in letzter Minute neue Mitmusiker suchen, da meine Band-Kumpel für den von Corona-Bier gesponsorten Auftritt noch zu jung waren", erzählte er kürzlich einer Tageszeitung, "doch da oben vor den vielen Tausend Menschen zu stehen ist ein unvergleichbares Gefühl. Ich wollte mehr davon."
Einen weiteren Karriere-Meilenstein setzte er 2011 mit seiner Teilnahme an der Casting-Show "The Voice", wo er es immerhin bis ins Viertelfinale schaffte. Es folgten: EPs, Tourneen, die Gospel-CD "Faith Based Country, Volume 1" sowie das Album "Undeniable Country", das vor allem in seinem Heimatstaat Texas zum Hit avancierte. Wie idealistisch Grimes ist, zeigt sich auch darin, dass er mit seinem ersten Album (die Gospel-CD) nicht unbedingt Geld verdienen wollte: Er kaufte für den Erlös der CD mehrere Tausend Bibeln, die er an seinem Merchandising-Stand kostenlos verteilte. Amerikanischer geht's kaum…
Curtis Grimes bewahrt die Traditionen des Country-Sounds
Von so einem stramm konservativen Kerl darf man natürlich auch entsprechende Musik erwarten: soliden, ganz an den Traditionen des Genres orientierenden Country-Sound. Allzu harte Rock-Klänge verbieten sich bei ihm genauso wie hippe Hip-Hop-Sounds oder gar - zu Unzucht oder Alkoholmissbrauch auffordernde - Party-Songs. Ob das jetzt schlimm ist, ist reine Geschmackssache. Konsequent ist es von Grimes aber allemal, dass er seine Musik macht. Der Opener-Titel ist - das versteht sich von selbst - bei ihm Programm.
Und dazu Opener der zehn Tracks umfassenden Song-Riege. Ein netter Song. Unaufgeregt. Hübsche Harmonien bietend. Mid-tempo. Eine Pedal-Steel. Eine Fiddle. Und ein Text, der von Traktoren, Rodeos, Cowboy-Girls und -Hüten handelt. Klar, old-fashioned, aber gleichzeitig auch zeitlos. Ein Song, den man gut hören kann und der es schafft, das Leben um einen Tick leichter zu nehmen. Genau das ist für viele Menschen ohnehin der Grund, warum sie überhaupt auf Country Music stehen - und derlei Song-Gründe bietet Grimes noch öfters auf auf seinem neuen Album. Zum Beispiel gleich mal im nachfolgenden "Friends", ein hymnischer, inhaltlich durchaus erbauender Song im klassischen Country-Rock-Outfit.
Natürlich schreitet der Texaner im Verlauf der zehn Tracks so manch benachbartes Musik-Terrain ab: bei "The Ground She Walked On" lässt er im 6/8-Takt mit bluesig-souligen Tönen aufhorchen, "Little Bit" ist als Folk-Rock mit Country-Touch angelegt, "Miles Don't Matter" rockt im Shuffle-Rhythmus und hält eine klasse Slide-Gitarre parat und bei "Cowboy Constitution" serviert er erlesenen, akustischen Country-Folk - und dazu eine amüsante Anleitung zur Cowboy-Werdung. Neben dem schmissigen, an einen frühen Michael Peterson erinnernden "River Road Dream" setzt die Ballade "Ain't Worth The Heartache" ein weiteres CD-Highlight.
Fazit: Kein großer Wurf, aber auch kein Flop: Auf seinem neuen Album serviert Curtis Grimes soliden Country alter Machart - ein sicherer Tipp für Traditionalisten.
Label: Lonely River (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 30. Juli 2021 |
01 | Still A Little Country Left |
02 | Friends |
03 | Little Bit |
04 | Noah Built a Boat |
05 | Miles Don't Matter |
06 | River Road Dream |
07 | Cowboy Constitution |
08 | Ain't Worth The Heartache |
09 | The Ground She Walked On |
10 | Still |