Die Bühne war nicht das Einzige, was zum Bersten gefüllt war. Auch der Nochtspeicher platzte aus allen Nähten. Rund 200 Menschen wollten den 30-jährigen US-Amerikaner sehen. Und bekamen zumindest musikalisch feinste Kost geboten. An anderen Stellen haperte es allerdings. Warum Anderson East Musik auf sehr gutem Niveau ablieferte und warum das Konzert trotzdem Anlass zur Kritik bietet, steht in diesem Veranstaltungsbericht.
Der Support schwächelt
Eigentlich sollte Sir Price als Vorband zu Anderson East auftreten. Krankheitsbedingt viel Easts Support allerdings aus. Schade, doch dagegen kann man nichts machen. Wohingegen etwas getan hätte werden können, war die entstandene Lücke. Zum Beispiel hätte man früher auftreten können. Oder länger. Anderson East allerdings ließ auf sich warten und startete pünktlich eine halbe Stunde nach eigentlichem Konzertbeginn.
Als East dann aber die Bühne betrat, ging es direkt ab wie in einer Rakete. Mit dem Kracher "Surrender" hatte der Musiker auch genau den Opener im Gepäck, welchen die Zuschauer brauchten, um nach der langen Wartezeit ordentlich eingestimmt zu werden. Im Anschluss ging es mit dem Song "If You Keep Leaving Me" allerdings direkt im gemächlichen Tempo weiter.
Profi Anderson East macht fast alles richtig
Anderson East ist ein absoluter Profi. Dies merkte man an diesem Abend besonders. Seine Stimme klang immer perfekt. Teilweise hätte man annehmen können, es handle sich um ein Playback seines Albums "Encore", so sauber und fehlerfrei trug East seine Lieder vor. Auch seine Band spielte auf höchstem Niveau und ließ keine Makel erkennen. Das Zusammenspiel zwischen East und seiner Band war ausgesprochen gelungen. Mal spielte er Rücken an Rücken mit seinem Gitarristen, ein anderes Mal feuert er seinen Orgelspieler zu einem furiosen Solo an. Soweit war das Konzert ein Traum.
Unschön war höchstens die nicht so gelungen Ton-Abmischung an diesem Abend. Die einzigartige Stimme Easts, die ein wenig an den jungen Joe Cocker erinnert, kam nicht immer voll zur Geltung. Zu stark waren Trompete und Saxophon. Legten diese beiden Instrumente einmal richtig los, verschwand Anderson Easts sonst so kraftvolle Stimme dahinter und war höchstens unterstützend zu hören. Sehr schade. Warum dies nicht bei der Probe auffiel, bleibt unverständlich.
Routiniert, aber wenig herzlich
Eine Welttournee ist eine große Sache. Und sicherlich ist ein Konzert kräftezehrend. Dass ein Künstler aber nur sein Programm herunterspult und dann die Bühne verlässt, sollte höchstens auf einem Festival - bei dem dutzende Bands auftreten - verziehen werden. Leider tat Anderson East an diesem Abend genau das. Zweimal wand sich der Musiker mit ein paar bedankenden Worten an sein Publikum. Einmal schnappte er sich das Smartphone eines Fans und filmte damit von der Bühne. Das ist einfach zu wenig.
Auch die eigentliche Show war zwar routiniert und musikalisch auf hohem Niveau, das Gefühl, East würde sich gerne im Nochtspeicher aufhalten, bekam man trotzdem nicht. Wie schon erwähnt handelte es sich bei dem Konzert um einen Auftritt seiner Encore World Tour. Trotzdem hätte East zumindest seinen Hit "Devil In Me" seines ersten Albums "Delilah" vortragen können. Nach knapp einer Stunde spielte er "Cabinet Door" als Zugabe. Ein Lied, welches auf "Encore" enthalten ist und strenggenommen sowieso vorgetragen worden wäre. Dies als Zugabe zu verkaufen, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Am Ende bekamen die knapp 200 Zuschauer ein zwar gutes, aber etwas herzloses Konzert geboten.
Anderson Eas steht heute noch in Wopperswede auf der Bühne. Mehr dazu in unserem Terminkalender.