"Musik ist so mächtig", sagt Ashley C. Smith, Director of Development des Waterfront Park in Louisville, "sie bringt nach dieser elenden Corona-Zeit die Menschen wieder zusammen. Gemeinsam feiern und eine schöne Zeit verbringen. Das ist Balsam für die Seelen." Recht hat sie. Vor allem, wenn es sich bei dem Event um ein Konzert von Charley Crockett handelt. Gut und gerne 5.000 Menschen wollen an diesem frühsommerlichen letzten Maitag den hageren Mann aus Texas sehen. Der Waterfront Park, idyllisch am Ohio River vor den Toren der Kentucky-Metropole Louisville gelegen, ist damit wieder mal sehr, sehr gut besucht - und die Stimmung: ist fantastisch!
5.000 Fans feiern Charley Crockett im Waterfront Park Louisville
Sicher, Charley Crockett und seine exzellenten Begleiter geben dafür auch wirklich alles. Spielfreude, Präzision, ein schlau durchdachtes Programm aus neuem und älterem Material, eine dezente, aber stimmungsvolle Light-Show und ein makelloser Sound sind Garanten für ein perfektes Live-Erlebnis. Aber da ist noch mehr: Ein unbestimmtes Gefühl, das sich nicht nur durch den lauen Frühsommerabend erklären lässt. Wer durch die gut gefüllten Reihen vor der Bühne schlendert, um sich an den weiter hinten angesiedelten Catering-Wägen ein Bier zu holen, merkt: hier feiern Menschen aus allen Schichten und Generationen. Kids, Jugendliche, Erwachsene und in Ehren ergraute Junggebliebene. Nicht wenige haben ihre Camping-Ausrüstung dabei und lauschen bequem in Stühlen sitzend den Retro-Country-Klängen von Charley Crockett. Viele von ihnen haben, meint man zumindest zu sehen, etwas glänzende Augen. Die Musik. Die Emotionen.
Unmittelbar vor der Bühne sieht das etwas anders aus. Hier stehen und jubeln, dicht an dicht gedrängt, junge und sehr junge Menschen. Man könnte fast glauben, man wäre auf einem Boygroup- oder zumindest Rap-Konzert - doch davon ist die Musik des bärtigen Country-Mannes natürlich maximal weit entfernt. Das macht er gleich unmissverständlich mit dem Opener, mit dem "The Man From Waco Theme", klar. Die Instrumental-Version des Titeltracks seines neuen Albums ist genau die richtige Einstimmung für den nachfolgenden Song-Reigen. Rund 25 Tracks aus seinem stetig wachsenden Katalog wird er in den nächsten zwei Stunden servieren. Titel wie das bittersüße "Cowboy Candy", das geheimnisvolle "Black Sedan", das Johnny Paycheck-Cover "Jukebox Charley" (das er offenbar als ihm gewidmete Ode umdeutet), den Titeltrack seines 2021er Albums "Music City USA", die köstliche Selbst-Reflexion "I'm Just a Clown" und das mit Stolz vorgetragene "Name on a Billboard".
Charley Crockett: mit Retro-Country auf Erfolgskurs
Über letzteren Song sagte er uns vor ein paar Monaten, dass er schon ziemlich aus dem Häuschen gewesen sei, als er ein Riesen-Poster von ihm auf einem Billboard in Nashville zum ersten Mal sah. Da wusste er, dass er es geschafft habe. Endlich. Nach vielen Jahren vergeblichen Anrennens, nach unzähligen Darbietungen als Straßenmusiker, nach Tiefschlägen, Kränkungen und den Kämpfen mit den eigenen Dämonen. Ja, es gibt ein Happy End für Charley Crockett. Und was für eines!
Charley Crockett - ein mit allen Wassern gewaschener Entertainer
Wer ihn auf der Bühne sieht, erlebt einen mit allen Entertainment-Wassern gewaschenen Performer. Selbstzweifel? Keine Spur! Souverän führt er durch das Programm und leitet er seine hervorragende Band. Mit diesen Begleitern im Rücken kann es sich Crockett locker erlauben, auch mal das angestammte Country-Terrain zu verlassen. Da wird mal bluesig ("Tom Turkey"), bei "Trinity River" geht es in jazzige und soulige Gefilde und zwischendrin schlägt er gemeinsam mit seinem Trompeter feurige Tex-Mex-Klänge an. Sein musikalischer Radius ist enorm - trotzdem klingt alles, wie es so schön heißt, "aus einem Guss".
Ein Wunder ist das aber nicht. Der Mann ist nonstop auf Tour. Ein Umstand, der Charley Crockett gelegentlich etwas zu schaffen macht, wie er uns neulich erzählte: "Ich sehe meine Liebsten und meine besten Freunde nur noch sehr selten", meinte er, "aber ich muss es machen, ich kann nicht anders. Musik ist mein Leben." Er verdankt ihr vielleicht sogar sein Leben. Ja, Ashley Smith hat schon recht, die Musik ist mächtig.