Kids Of Adeleide - Die Straße ist die beste Schule

Kids of Adelaide

CountryMusicNews.de sprach mit Kids Of Adeleide.

Schon mehrere Top-Stars haben sich ihre Meriten als Straßenmusiker verdient. Neben dem prominentesten Beispiel Ed Sheeran hat auch das deutsche Indie-Folk Duo Kids Of Adelaide sein Handwerk auf der Straße gelernt. Wir waren neugierig.

Schon im Jahr 2010 gingen die Kids Of Adeleide buchstäblich "on the road": als Straßenmusiker zogen die aus Stuttgart stammenden Benjamin Jonathan Nolle und Severin Aurel Specht von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf - und auch - von Land zu Land. Das klingt nach Freiheit, nach archaischem Musikerleben, nach "von der Hand in den Mund". Und: So ähnlich war es auch, wie die beiden des deutschen Indie-Folk-Duos im Gespräch mit CountryMusicNews.de bestätigen. Doch die Straßenmusik sei noch viel mehr: "Das ist eine sehr harte Schule", versichert Severin, "vielleicht aber auch die beste."

Kids Of Adeleide: von der Straßenmusik zu Robert Plant

So bekomme man in den von Passanten gesäumten Fußgängerzonen und Plätzen der Städte immer ein ehrliches und unmittelbares Feedback: "Man merkt da sofort, welcher Song funktioniert, welche Songteile gut oder weniger gut ankommen", plaudert Severin aus dem Straßenmusiker-Nähkästchen. Außerdem müsse man, möchte man sein zufällig vorbeiflanierendes Publikum Ad hoc für sich begeistern, "richtig laut singen. Da muss man sich durchsetzen."

Anfangs seien sie ganz schön nervös gewesen auf den Bühnen, die eigentlich keine Bühnen sind: "Wir haben uns bei unseren ersten Straßenauftritten noch geniert", gibt Benjamin zu. Doch das härte ab. Das mache stark - und schließlich bühnentauglich. "Heute ist uns, wenn wir ein Konzert geben, nichts mehr peinlich. Egal was passiert: Ob die Gitarre verstimmt ist oder wenn sich einer verspielt. Da springt sofort der andere ein und unterhält das Publikum, überspielt das. So haben wir es geschafft, dass wir uns auf der Bühne richtig wohl fühlen."

Nun ja, und auf der Bühne kommt es schließlich darauf an: hop oder top? Bei den Kids Of Adeleide hieß es ziemlich schnell: top! Auf vielen hervorragenden Live-Shows folgte schon bald der erste Plattenvertrag bei einem Independent-Label. Bereits 2012 erschien das Debüt-Album "Home", das ihnen nicht nur gute Airplay-Einsätze bei wichtigen Radiosendern einbrachte, sondern auch Auftritte im Vorprogramm von so manchem Superstar. Darunter: Ex-Led Zeppelin-Sänger und Musik-Ikone Robert Plant. "Das war schon großartig", meint Severin, "da war ich ganz schön nervös, als ich ihm die Hand gab. Ihn umgibt eine Aura, die man nicht so leicht beschreiben kann. Ein toller Typ." Und dazu umgänglicher, als man es von Stars seiner Kategorie erwarten würde. So habe der auch im Bluegrass (gemeinsam mit Alison Krauss) für Furore sorgende Sänger mit ihnen locker backstage geplaudert und ausführlich von seiner Studienzeit einst in München erzählt.

Ähnlich positiv verliefen auch die Shows mit Jazz-Wunderknabe Jamie Cullum. "Super nett" sei der, "umgänglich und cool". Doch: Was schaut man sich von Könnern der Extraklasse ab? Was kann man von ihnen lernen? "Hm", lässt Severin erst mal vernehmen, nach ein paar Sekunden Nachdenkens sagt er: "Wie diese Stars mit ihrem Publikum umgehen, was sie da alles einbauen. Da kann man sich schon was abschauen." Duo-Partner Benjamin hat die Souveränität beeindruckt, wie sich ein Robert Plant auf der Bühne gibt. Im gleichen Atemzug aber schickt er hinterher: "Doch diese Souveränität spüre ich bei uns auch, ich glaube wir sind, wenn wir eine Show spielen, auch nicht nervöser als er. Das haben wir wohl auf der Straße gelernt." Nochmal also die vielbeschworene, vielbesungene und Mythen umrankte "Straße". "Es ist nicht entscheidend ob du vor 50 oder vor 50.000 Leuten spielst - du musst einfach immer dein Bestes geben und dein Publikum für dich gewinnen", gibt Benjamin zu Protokoll.

Kids Of Adeleide: mehr als ein Folk-Duo

Zwei Gitarren, zwei Sänger. Das klingt nach klassischem Folk-Duo. Wer jetzt glaubt, die beiden Stuttgarter seien deshalb auf klassischem Singer/Songwriter-Style à la Simon & Garfunkel gepolt, liegt schief. Gründlich sogar. Das unterstrichen sie spätestens nach drei eher im Folk angesiedelten Alben mit ihrer letzten, 2018 erschienenen CD "Into The Less". Denn - im Gegensatz zum Albumtitel - war bei diesem Werk nicht Abspecken die Devise, sondern das glatte Gegenteil: "Das war eine Art Ausbruch. Wir wollten uns beweisen, dass wir auch in andere Richtungen gehen und Grenzen durchbrechen können", sagt Severin über das aufwändig produzierte Album. Die vielen Möglichkeiten in einem Studio seien einfach verführerisch. Letztendlich wissen sie beide aber auch nicht so recht, warum das Album letztendlich "so elektronisch geworden ist."

Egal. Rückblickend bewerten sie "Into The Less" als Experiment. Als durchaus gelungenes Experiment, das schon. Aber nicht als nachhaltigen Richtungswechsel. Das beweisen sie jetzt mit ihrem neuesten Titel "Seasons". Der Vorläufer einer im Herbst erscheinenden EP rückt erneut die fundamentalen Qualitäten der Kids Of Adeleide in den Vordergrund: zwei Akustikgitarren, zwei Stimmen – und jede Menge hervorragender Harmonien und Inhalte.

Kids of Adelaide - Seasons (Acoustic)

Severin: "Wir machen auf dem Song das, was wir zwei auch live auf der Bühne reproduzieren können." Im Zweifelsfall auch auf der Straße. Doch das Kapitel scheint für die nach der australischen Stadt benannten Kids eher geschlossen zu sein: "Man muss aufpassen, dass man sich da nicht wund spielt", sagt Benjamin. Kann man verstehen. Wer geht schließlich nach erfolgreichem Abitur auch nochmal zur Schule?

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