Vom Enfant Terrible zum Country-Sänger: Ein Interview mit Daniel Küblböck

Daniel Küblböck; Foto: Postive Energie GmbH

Kaum ein Teenager entzweite die deutsche Volksseele leidenschaftlicher als der aus Niederbayern stammende Daniel Küblböck. Für die einen war der drittplatzierte der ersten "Deutschland sucht den Superstar"-Staffel ein erfrischend natürliches Idol, für die anderen war der schmächtige Kerl mit der markanten Brille ein talentfreier Bühenkasper. Ob so oder so - Daniel Küblböck hat es innerhalb kurzer Zeit geschafft, zu einem der bekanntesten Deutschen zu avancieren. Ende 2003 landete der Sänger bei der vom ZDF durchgeführten Wahl der "100 wichtigsten Deutschen" in den Top 20: Platz 16 ergatterte er - deutlich vor Friedrich Schiller, Heinrich Heine, Thomas Gottschalk, Herbert Grönemeyer oder dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Entsprechend groß war die mediale Nachfrage. Kein Dschungel-Camp, kaum eine Talk-Show wollte ohne den Brillenträger damals auskommen. Doch, wie der aufgeklärte CountryMusicNews.de-Leser weiß, dreht sich das Star-Karussell für Ex-Superstars besonders schnell. Und wies der Terminkalender von Daniel Küblböck schon bald wieder reichlich freie Tage aus. Heute, rund fünf Jahre nach DSDS, hat man es mit einem ganz anderen, neuen Küblböck zu tun. Gereift an Körper, Geist und Stimme, präsentiert der Ex-Pop-Star heute erstaunlich soliden Country-Rock. Ein aus Marketing-Gründen vollzogener 180-Grad-Imagewechsel? Musikalisches Neuland? Oder, wie der Titel seines Programms andeutet, gar ein "Back to the Roots"? Grund genug, um mit dem singenden Paradiesvogel ein ausführliches Gespräch zu führen.

Geboren wurde Daniel Küblböck am 27.August 1985 in Hutthurm, Bayern. Bereits während seiner Schulzeit interessierte er sich für Musik und brachte sich bei diversen Schulaufführungen ein. 2003 nahm er mit siebzehn Jahren bei der ersten Staffel der Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar" teil. Er ging als Drittplazierter aus dem Wettbewerb hervor. Auf die ersten Singles, wie "You drive me crazy" (Platz 1 der Deutschen Singlecharts) und "Heartbeat" (Platz 2 der Deutschen Singlecharts) folgten weitere Alben und zahlreiche Live-Konzerte. Nach der erfolgreichen Tour mit seinem Jazz-Programm geht der Sänger und Songwriter nun neue Wege in der Countrymusic mit seinem Programm "Back to the Roots" und der Single "Born in Bavaria" (Platz 56 der Deutschen Singlecharts).

Daniel Küblböck: Bei DSDS habe ich die Songs gesungen, die Dieter Bohlen für mich geschrieben hat. Damals war das auch in Ordnung für mich, denn das war der Deal. Irgendwann kam für mich der Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass ich mich dabei nicht richtig wohl fühle. Ich bin mit Country-Musik aufgewachsen, weil meine Eltern große Country-Fans sind. Deshalb wollte ich diese Musik machen. CMN: Dein Image hat sich total gewandelt. Du hast dich nicht nur musikalisch, sondern auch äußerlich verändert. Wann und warum hast Du die Entscheidung getroffen, dass Du nun in eine völlig andere Richtung gehen möchtest?

CMN: Hat sich auch deine Fangemeinde geändert, oder glaubst Du, dass dir viele Fans treu geblieben sind?
Daniel Küblböck: Ich kenne natürlich nicht jeden einzelnen Fan, aber das Publikum hat sich auf jeden Fall gewandelt. Es sind jetzt sehr viel mehr Erwachsene dabei. Früher waren es eher die Teenager. Viele haben durch Zufall mitbekommen, dass ich jetzt Country-Musik mache und die, die dann gekommen sind, waren eigentlich immer begeistert.

CMN: Du hast dich auch stimmlich weiterentwickelt. War der Gesangsunterricht in Wien besser als der bei DSDS oder hast du einfach mehr Zeit gebraucht?
Daniel Küblböck: Ich muss dazu sagen, dass meine Mitstreiter bei DSDS teilweise schon jahrelange musikalische Ausbildungen hinter sich gehabt haben. Juliette, die Zweitplazierte aus meiner Staffel beispielsweise hatte schon auf richtig großen Musical-Bühnen gestanden. Das war natürlich ein ganz anderer Level. Wir hatten Vocal-Coaches, die vielleicht eine Stunde in der Woche für den Einzelnen Zeit hatten. Das war alles sehr oberflächlich. Mir wurde auch immer gesagt, ich solle so singen wie ich will, das wäre authentisch. Es wurde eher so gesehen, dass ich die lustige Rolle übernehmen sollte und deshalb gar nicht singen können musste. Meine Mutter hätte mich aber nie zum Casting gehen lassen, wenn sie nicht irgendwo ein bisschen Potential in mir gesehen hätte. Ich habe irgendwann gemerkt, dass mehr in mir steckt und dass ich das ausarbeiten möchte. Nach dem Stimmbruch habe ich mich entschlossen, Gesangsunterricht zu nehmen und es hat sich auch sehr gelohnt.

Foto: Positive Energie GmbHCMN: Ist New Country das, was du eigentlich schon immer machen wolltest?
Daniel Küblböck: Was ich mache ist moderne Country-Musik mit vielen Instrumenten und wenig Technik. Ich möchte handgemachte Musik machen. Von der Art her ist es ein bisschen vergleichbar mit den Dixie Chicks. Meine Musik hat auch Einflüsse aus dem Pop- und Rockbereich. Ich habe mich vor DSDS eigentlich eher mit der Gitarre beschäftigt und den Mädels am Lagerfeuer vorgespielt. Und so habe ich natürlich immer gute Chancen bei den Frauen gehabt (lacht). Das war damals so ein bisschen dieses Eigene und Handgemachte und zu dem bin ich zurückgekommen. Es macht mir Spaß mit der Gitarre auf der Bühne zu stehen. Das ist das, was ich machen möchte.

CMN: Vor Country hast Du Jazz gemacht. War das von Anfang an so geplant, dass Du nur ein Programm machst oder warum bist Du vom Jazz wieder abgekommen?
Daniel Küblböck: Jazz war von Anfang an als kurzer Ausflug in eine andere musikalische Welt geplant. Ich wollte unbedingt mal eine Big-Band mit Trompeten und Posaunen haben. Diesen Wunsch habe ich mir dann erfüllt. Wir waren eigentlich immer ausverkauft. Es ist also beim Publikum gut angekommen.

Foto: Positive Energie GmbH
CMN: Wirst Du bei Country bleiben oder ist das nur eine weitere Facette deines künstlerischen Schaffens von der Du wieder weggehen wirst?

Daniel Küblböck: Ich habe jetzt auf jeden Fall eine Musikrichtung eingeschlagen, die mir meinen eigenen Weg eröffnet hat. Und das ist auf jeden Fall eine Richtung, bei der ich definitiv bleiben möchte. Trotzdem bin ich jemand, der gerne immer wieder etwas Neues ausprobiert. Ich könnte mir zum Beispiel auch super vorstellen, Country und Hip-Hop zu mixen. Bei der Country-Musik gibt es so viele Möglichkeiten. Das kann man rockig spielen oder auch richtig punkig.

CMN: Was war dein persönliches Highlight mit deinem neuen Programm?
Daniel Küblböck: Ich glaube das war Bad Hersfeld in Hessen. Das war das längste Konzert, das ich je gespielt habe. Das Publikum war so etwas von gut drauf, dass wir vier Stunden durchgespielt haben.

CMN: Mit welchen Songwritern hast Du für dieses Programm zusammen gearbeitet?
Daniel Küblböck: Alfred Schüch ist ein Produzent und Songwriter, der auch für Truck Stop schreibt. Der hat mir insgesamt zwei Songs geschrieben. Dann habe ich mit Steve Sledge gearbeitet, der in Hamburg wohnt und unter anderem mit Produzenten aus Nashville kooperiert - das hört sich doch cool an (lacht). Ich habe auch einige Songs selbst komponiert. Und Timothy Touchton, der unter anderem auch das Lied für die Becks-Werbung geschrieben hat ["Sail Away", Anmerkung der Redaktion] hat mir auch einige Songs geschrieben. Da ist also einiges zusammen gekommen.

CMN: Es gibt auch einige Cover-Versionen in deinem Programm?
Daniel Küblböck: Ich singe unter anderem von der großartigen Country-Legende Johnny Cash "Ring of Fire". Aber so viele Cover-Versionen sind es eigentlich nicht. Ich habe mehr eigene Songs als Cover in meinem Programm.

CMN: Was sind die inhaltlichen Themen deiner eigenen Songs?
Daniel Küblböck: Also einer meiner Songs handelt von meinem Bruder, der seit zweieinhalb Jahren im Gefängnis sitzt. Wir sind sehr unterschiedlich aufgewachsen. Es geht darum, dass er sich den Drogen zugewendet hat und ich mich zu meinen Liedern. Das ist eine Story, die ziemlich unter die Haut geht. Dann habe ich einen Song, der von der Liebe, die aus einer Freundschaft entsteht, handelt. "Cowboy in the City" heißt ein weiteres Lied. Ich bin auf dem Land geboren und wohne jetzt in Nürnberg. Es geht darum, wie ich in der Großstadt zurechtkomme und auch darum, dass ich erwachsen geworden bin. Es sind schöne Themen, mit denen sich auch viele Leute identifizieren können.

CMN: Hast Du außer Johnny Cash noch andere Vorbilder aus dem Country-Musik-Bereich?
Daniel Küblböck: Die Dixie Chicks finde ich super.

Daniel Küblböck - Born in BavariaCMN: Deine aktuelle Single heißt "Born in Bavaria". Die Botschaft ist, dass du Bayern sehr magst. Was ist das besondere an Bayern?
Daniel Küblböck: Die Leute hier sind natürlich. Bayern hat den Ruf eher konservativ zu sein und das finde ich überhaupt nicht. Ich finde eher, dass die Leute hier sehr offen sind. Generell ist Bayern total schön. Ich finde, hier passt die Country-Musik auch gut hin.

CMN: Im Frühjahr fliegst Du in die Heimat der Country-Musik, nach Nashville, um eine CD aufzunehmen. Was wird das genau für ein Projekt sein und wie kam es dazu?
Daniel Küblböck: Ich werde meine neuen Songs von meinem "Back to the Roots"-Programm aufnehmen. Ich habe da so ein bisschen meine eigene Theorie. Viele sagen, man soll erst die Platte rausbringen und dann auf Tour gehen. Das finde ich nicht. Ich denke, man soll erst den Leuten zeigen, was man drauf hat und dann eine Platte machen. Dass wir in Nashville aufnehmen, hat sich daraus ergeben, dass mein Produzent und Songwriter Steve Sledge gute Kontakte zu Bob Beckley hat. Bob Beckley wohnt in Nashville und kennt dort viele gute Musiker, die auch schon mit großen Leuten in der Country-Szene zusammen gearbeitet haben.

CMN: Glaubst Du, dass Du es durch das Image, das dir von DSDS noch nachhängt, schwerer hast, in der Country-Szene Fuß zu fassen, weil viele einfach Vorurteile haben und sich nicht vorstellen können, dass Du Country-Musik machst?
Daniel Küblböck: Ich denke, dass dieser DSDS-Stempel natürlich irgendwo da ist. Aber ich glaube auch, dass Country-Musiker eigentlich ein sehr offenes Völkchen sind, so wie ich es kennen gelernt habe. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich in der Country-Szene beweisen muss, was ich für ein guter Country-Sänger bin. Entweder die Leute mögen es oder sie mögen es nicht. Ich bin da immer ganz direkt.

CMN: Wenn Du dich noch einmal entscheiden könntest, würdest Du dann wieder bei DSDS mitmachen?
Daniel Küblböck: Ich habe mitgemacht, weil es für mich ein Sprungbrett war und das sehe ich auch immer noch so. Es war eine Chance, meinen Namen bekannt zu machen, weil ich immer Musiker werden wollte. Wenn ich jetzt sagen würde, ich bereue es, dann wäre das eigentlich gelogen. Das war damals eine schöne Zeit und es hat meine Jugend auch bereichert. Natürlich war es mit so jungen Jahren auch teilweise etwas heftig, in das Haifischbecken der Showbranche geschmissen zu werden. Aber ich finde das völlig legitim, denn das war eben mein Weg.

Foto: Postive Energie GmbHCMN: Was hast Du für die nähere Zukunft noch für Pläne?
Daniel Küblböck: Ich konzentriere mich jetzt erst einmal auf das Album und möchte, dass etwas ganz Tolles dabei herauskommt. Und sonst schaue ich, wie sich die Dinge entwickeln. Ich bin realistisch und schwelge nicht in irgendwelchen Träumen. Viele denken, dass ich sehr naiv und beeinflussbar bin, aber ich habe meine Erfahrungen gesammelt, ich habe eine eigene Firma gegründet und ich denke, dass ich sehr positiv in die Zukunft blicken kann.

CMN: Welchen Tipp würdest Du anderen jungen Musikern mit auf den Weg geben?
Daniel Küblböck: Ich sage immer, dass ich mit meiner Musik verheiratet bin. Deshalb ist es auch sehr schwer, eine Partnerschaft zu finden, die meiner Musik das Wasser reichen kann. Also harte Konkurrenz! Die Musik ist für mich mein Leben. Wenn ein Musiker es schaffen möchte, professionell zu sein, dann muss seine Musik vor allem authentisch sein und ganz viel Liebe dahinter stecken. Man muss das Gefühl haben, dass er mit seiner Musik verschmolzen ist und es muss ehrlich sein. Wenn Plattenfirmen einem Musiker oder einer Band einen Song aufdrängen, dann merken die Leute das. Wenn man persönliche Musik macht und dann noch ein bisschen Ehrgeiz hat und an sich glaubt, dann kann es funktionieren.

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