Twinnie - Hollywood Gypsy

CD Cover: Twinnie - Hollywood Gypsy

Mit "Hollywood Gypsy" gelingt der Britin Twinnie ein vielbeachtetes Debüt.

Oha, optisch macht die Dame jedenfalls schon mal einiges her: Dunkle Mähne, Filmstar-taugliche Backenknochen, Schmollmund, Glutaugen… Twinnie-Lee Moore aus York spielt, keine Überraschung, in der britischen Chanel 4-Soap "Hollyoaks" und sie würde wohl auch bei Heidi Klums Model-Wettbewerb bestehen können. Zum Glück aber reicht es ihr nicht, nur auf ihre visuellen Reize reduziert zu werden: Ihre Leidenschaft gilt der Musik. Sie hat eine klasse Stimme, singt hingebungsvoll und war bei allen Songs ihres Debüt-Albums "Hollywood Gypsy" auch noch als Co-Autorin beteiligt. Alles in allem sind das Voraussetzungen, um öfters und dazu langfristig von der britischen Beauty aus dem Country-Fach zu hören.

Twinnie: die neue britische Country-Diva?

Wobei "Country" natürlich ein dehnbarer Begriff ist. Twinnie lotet das Genre jedenfalls mit nahezu jedem Song bis zur Zerreißprobe aus. Wer sich an Taylor Swift, bevor sie sich mit Haut und Haar dem Pop verschrieben hat, erinnern kann, bekommt eine Vorstellung von dem Sound der zwölf Songs ihres Debüts. Apropos Taylor Swift. Mit an Bord der Jungfernfahrt ist ein gewisser Nathan Chapman, der sowohl mit Swift, als auch mit Shania Twain zusammengearbeitet hat. Das macht schon mal deutlich, in welcher Kategorie "Hollywood Gypsy" gehandelt wird - und führt auch musikalisch auf die richtige Spur.

Man nehme nur den Track "Feeling of Falling". Sowohl Produktion, Stimmung, Stimme als auch Songwriting (Jamie Kenney, Tofer Brown, Twinnie) lassen an Shania Twain, die kanadische Ikone des modernen Country denken. Genau wie der so kesse wie authentische Text. Ohnehin gehören die Lyrics zu den Stärken des Song-Dutzends von "Hollywood Gypsy". Sie sind originell, haben Witz; sie zeugen mal von Selbstbewusstsein und mal von - ehrlich klingenden - Selbstzweifeln. Den deutet sie gleich mal im dennoch gut gelaunten, mit vielen Kopfstimmen-Kieksern veredelten Pop-Opener "Type of Girl" an. Noch mehr in die Tiefe ihrer Seele - und vielleicht auch Abgründe – wagt sie sich in den nachfolgenden "Better When I'm Drunk" und "I Live You Now Change".

Ihre gelungenen, durchaus mutigen Selbstreflexionen verpackt sie in so angesagte wie harmlose Country-Pop-Arrangements, wobei die Betonung eindeutig auf "Pop" liegt. Zumindest in den meisten der Songs, die sie gemeinsam mit verschiedenen Songautoren aus Nashville und dem heimischen England co-komponierte. Eine der - dazu löblichen - Ausnahmen heißt "Daddy Issues". Der von Blair Daly, Zac Maloy und Twinnie geschriebenen Song verströmt ein angenehmes Country-Pop-Feeling, hier mit der Betonung auf "Country". Modernem Country, wie sich von selbst versteht.

"Hollywood Gypsy": Balladen setzen die Highlights

Eine weitere und Ausnahme markiert "Lie to Me". Textlich erneut clever angelegt, erinnert die wuchtige, alle Emotions-Register ziehende Ballade an die besten Momente von Celine Dion. Vor allem im Intro, bei dem sie nur von einem Klavier begleitet wird, zeigt sie, welche Sängerin in ihr steckt. Großes Kino für die Ohren!

Das gilt unbedingt auch für "Superhero", eine weitere Ballade in dem ansonsten eher im aufgekratzten Mid- und Uptempo-Bereich angesiedelten CD. Auch in diesem von Jeremy Spillman, Lucie Silvas und Twinnie geschriebenen Song kann sie vollauf überzeugen: glaubwürdig und durchaus mit Tiefgang erzählt sie davon, dass sie einst eine Überfliegerin war, dass sie gefallen ist und dass in der Liebe wohl kein Platz für Superhelden sei.

Hochwertige Songkost, die aber auch dadurch so hochwertig erscheint, da sie von eher harmlosem Pop-Country umrahmt wird. Der Kontrast ist auffallend und verweist auf eine nicht gänzlich geglückte Songauswahl, ein Manko des Debüts. Trotzdem macht Twinnie-Lee Moore aus der ehrwürdigen britischen Grafschaft York mit "Hollywood Gypsy" klar, dass sie allemal Nashville-tauglich - und damit in Music City USA konkurrenzfähig ist. Sollte es widererwarten doch nicht mit der Musikkarriere klappen, kann sie immer noch Filme drehen - oder es eben bei Heidi Klum versuchen.

Fazit: Twinnie liefert mit "Hollywood Gypsy" Pop-Country aus UK – stimmstark, stylish produziert und hitverdächtig. Ihre stärksten Momente hat das Album in den Balladen.

Label: BMG (Warner) VÖ: 26. Juni 2020
01 IType of Girl
02 Better When I'm Drunk
03 I Love You Now Change
04 Chasing
05 Hollywood Gypsy
06 Superhero
07 More
08 Social Babies
09 Daddy Issues
10 Lie to Me
11 Feeling of Falling
12 Whiplash
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Katja antwortete auf das Thema:
3 Jahre 8 Monate her
Katjas Avatar
Toll, endlich mal wieder was Sexistisches von Herrn Matejka; wie überraschend.
Mike antwortete auf das Thema:
3 Jahre 8 Monate her
Mikes Avatar
Charmanter Einstand, Katja.

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