Ein kurzer Blick auf die Tracklist genügt, um für Stirnrunzeln zu sorgen. Denn die aufgelisteten Titel sind allesamt nicht neu, sondern finden sich auf früheren Werken Taylors und seiner Band wieder. Was ist denn hier los? Nun ja, der spanische Albumtitel und das unkonventionelle Coverbild liefern einen entscheidenden Hinweis. Hat der eigenwillige Texaner vielleicht eine Mariachi-Band aus dem nahegelegenen Mexico einfliegen lassen, um einige seiner alten Songs in ein neues Tex-Mex-Gewand zu zwängen?
Der Opener "Gypsies & Drifters" bestätigt zumindest diese Vermutung. Durch den Einsatz von Trompeten wird der Wild-West-Faktor des im Original ohnehin schon bewusst altbacken gehaltenen Songs noch ein wenig erhöht. Taylor hat seinen Cowboyhut scheinbar für einen Sombrero eingetauscht, wobei das Ergebnis dieses Stilwandels über das Prädikat "ganz nett" erstmal kaum hinausgeht.
Deutlich gelungener ist da die neue Aufnahme von "If I Could Have It My Way", die allerdings mit der mexikanisch-angehauchten Note des Vorgängers nichts mehr gemein hat. Vielmehr handelt es sich um eine Acoustic-Version des Liedes vom 2006er Album "The Whiskey Sessions". Nur von einer Gitarre und einer Geige begleitet kommt Jackson Taylors kernige Stimme wunderbar zum Tragen. Beim unverändert flippigen "Maria" verlässt der volltätowierte Musiker die emotionale Zone allerdings schnell wieder, und der Sound findet seine Heimat erneut südlich der amerikanischen Landesgrenze. Der Bass poltert munter vor sich hin, die Trompeten sorgen für lockere Stimmung, und Taylor stößt dazu einige schrille Begeisterungsschreie aus. Unterhaltsam ist das ohne Frage, fühlt man sich doch wie auf einem Marktplatz in Guadalajara.
Das anschließende "Old Lone Star" ist dann jedoch bereits wieder strikt akustisch gehalten (wobei ja auch die Vorlage nicht unbedingt durch pompöse Inszenierung glänzt). Langsam kommt ein Verdacht auf: geben sich auf "Cantina Del Diablo Mariachi"-inspirierte Klänge und Acoustic-Versionen laufend die Klinke in die Hand? So ist es in der Tat. Denn in letztere Kategorie fallen auch noch "Easy Lovin' Stranger" und "Easter Last Year", bei denen erneut nur eine Sechssaitige und Streicher zum Einsatz kommen. Musikalisch rundum gelungen sind diese Songs ohne Zweifel, und eine Daseinsberechtigung haben sie somit natürlich auch - ob sie allerdings so originell sind, dass sie die Hälfte eines ganzen Albums für sich beanspruchen können, muss jeder für sich entscheiden.
Bleiben noch zwei weitere Songs aus der Sparte Gute-Laune-Kracher. "Blue Agave" entpuppt sich innerhalb dieser Rubrik als Gewinner des Albums, da Geige und Trompete gemeinsam eingesetzt werden, was für ein klangliches Highlight sorgt.
Letztlich wäre da noch "Cocaine (Deliverance Mix)", wohl das populärste Lied Taylors, das zuvor bereits in drei verschiedenen Versionen (original, rockig und acoustic) im Umlauf war. Nun also noch der vierte Streich, der überraschend ohne Trompeten auskommt, dafür aber dem Geigenspieler so manche Blase an die Hände gezaubert haben dürfte. Das macht wirklich Spaß, doch auf lange Sicht sind das Original oder der rockige "Uncutmix" sicherlich zu bevorzugen.
Fazit: Den Preis für Innovation wird Jackson Taylor mit diesem Album wohl nicht gewinnen. Dennoch zeigt "Cantina Del Diablo", dass der Outlaw mehr kann als nur laut zu sein und anzuecken. Sowohl mit den emotionalen Acoustic-Tracks als auch mit den lockeren und launigen Mariachi-Nummern macht Taylor eine gute Figur. Deutliche Abzüge muss es allerdings für die sehr kurze Spielzeit (30 Minuten) und die geringe Auswahl an Songs (acht) geben.
Label: Sin House (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 17. Februar 2015 |
Titelliste
01 | Gypsies & Drifters | 05 | Blue Agave |
02 | If I Could Have It My Way | 06 | Easy Lovin' Stranger |
03 | Maria | 07 | Cocaine (Deliverance Mix) |
04 | Old Lone Star | 08 | Easter Last Year |