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Frazey Ford ist hauptberuflich Sängerin des kanadischen Americana-Trios The Be Good Tanyas. Vermutlich hilft diese Info den wenigsten weiter. Denn die auf akustische Bluegrass-, Folk- und Country-Klänge spezialisierte Formation hat sich nur in Insiderkreisen einen Namen machen können. Da aber: einen sehr guten. Feuilleton-Redakteure lieben die Band wegen ihrer hintergründigen Texte, ihrer ehrlichen, authentischen Musik, wegen ihrem kompromisslosen Qualitätsanspruch und ihrer konsequenten Verweigerungshaltung gegenüber allen Kommerzgedanken.
Was für die Be Good Tanyas gilt, gilt ausnahmslos auch für Frazey Fords erste Solo-CD "Obadiah". Sie kümmert sich wenig bis gar nicht um angesagte Trends, Sounds oder Arrangements. Ihr geht es ausschließlich um ihre verträumten, meiste sansoweichen Melodien und um ihre nicht selten skurrilen und versponnenen Texte. Eine Herangehensweise, die weniger in das Jahr 2010 als in die wilden 60ies, zur Hochblüte der Flower-Power-Zeit passt. Wen wundert's? Ist Frazey Ford doch ohnehin ein Kind der Love-and-Peace-Generation. Ihre Eltern wanderten seinerzeit - wegen des Vietnam-Krieges - von Amerika nach Kanada aus, lebten ein Leben unter Langhaarigen, in Kommunen, in verrauchten Kifferstuben und so weiter. Lange her. Aber längst nicht vergessen. Was sich wunderbar in den 13 Titeln der knapp 60minütigen CD der Solo-Novizin bestaunen lässt.
Denn es sind vornehmlich die 60er und frühen 70er Jahre, die bei ihren Songs und Sounds Pate standen: Musiker wie Joni Mitchell, Janis Joplin (in manch bluesigem Track), Van Morrison, Neil Young, Otis Redding (in den souligen Songs). Fürwahr, keine schlechten Wegbegleiter – dennoch klingt Frazey Ford vor allem nach Frazey Ford. Sie hat ihren eigenen Sound gefunden. Eine Mixtur aus Folk und Country, mal mit Blues, Soul und Jazz gewürzt. Das meist im unteren Drehzahlbereich angesiedelte Tempo variiert sie selten und auch die Arrangements bleiben höchst überschaubar. Frazey Ford kommt mit den wenigsten Stilmitteln aus. Mehr noch: Sie als Minimalistin zu bezeichnen, ist eine grandiose Untertreibung – Frazey Ford ist ein musikalischer Einzeller. Am deutlichsten wird dies bei dem Titel "I Like You Better": Ohne Refrain oder B-Teil kreist der Titel viereinhalb Minuten lang mantramäßig um zwei Harmonien (noch dazu unspektakuläre: A und H), unterstützt von einer bluesigen Gitarre und einem moderaten Beat. Ähnlich wie JJ Cale zieht auch sie aus der Reduktion die Spannung, aus der Wiederholung das hypnotische Moment.
"I Like You Better" ist nicht der einzige Track, der mit so wenig so viel erzeugt. Auch das bluesige "Goin' Over" oder das im Zeitlupentempo eingespielte "Lost Together" sind nach ähnlichem Muster gestrickt. Damit der Solo-Trip nicht zu eindimensional ausfällt, greift sie – gemeinsam mit Co-Produzent John Raham – zwischendurch auf belebende Elemente. Beim synkopierten Blues "Bird of Paradise" sorgen Bläser für jazziges Feeling, "If You Gonna Go" erinnert an eine Stax-Soul-Ballade und mit "One More Cup of Coffee" serviert sie eine Coverversion von Bob Dylan - zweifellos ihr Bruder im Geiste.
Fazit: Schönster Singer/Songwriter-Folk mit Country-, Blues-, Soul- und Jazz-Anleihen gewürzt. Songs fürs Lagerfeuer - oder für einen verträumten Abend mit der/dem Liebsten.
Label: Nettwerk (Soulfood) | VÖ: 16. Juli 2010 |
Titelliste CD
Links
01 | Firecracker | 08 | Hey little mama |
02 | Lay down with me | 09 | The gospel song |
03 | Bird of paradise | 10 | Goin'over |
04 | If you gonna go | 11 | Half in |
05 | Blue streak mama | 12 | One more cup of coffee |
06 | Lost together | 13 | Mimi song |
07 | I like you better |