Jacob Bryant - Bar Stool Preacher

CD Cover: Jacob Bryant - Bar Stool Preacher

Auf seinem zweiten Album "Bar Stool Preacher" serviert Jacob Bryant süffigen und vielfältigen Outlaw-Country

Leicht hat es der Typ aus Georgia bisher nicht gerade im Leben gehabt: Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2010 therapierter er sich - wie so viele andere auch - mit den üblichen Verdächtigen: mit Drogen und Alkohol. Wie die meisten anderen, schlitterte auch Jacob Bryant immer tiefer in die Lebens- und Sinnkrise, die schließlich in Depressionen und in einem Herzinfarkt mündete. Mit gerade mal 19 Jahren, wohlgemerkt! Eine günstige Lebensperspektive lässt sich unter diesen Vorzeichen normalerweise nicht mehr ausstellen. Normalerweise. Doch Jacob Bryant hat irgendwie die Kurve gekriegt, was zu einem guten Teil auch der Musik zu verdanken ist:

Wie ein Bekloppter hat sich der bärtige, bullige Mann ans Songwriting gemacht und sich dabei erneut selbst - und dieses Mal erfolgreich - therapiert. Positiver Nebeneffekt: Seine authentischen, nicht selten tiefgründigen Songs bereichern den Country-Sound um unkonventionelle Töne.

Hop oder top? "Bar Stool Preacher” stellt die Weichen

Dennoch hält sich sein kreativer Output in Grenzen. Neben einigen EPs und Singles hält der Backkatalog von Jacob Bryant bisher nur sein Debüt-Album "Pour Whiskey on my Grave" bereit, das er 2021 in einer um fünf Songs erweiterten "Deluxe"-Version erneut unter das Volk brachte. Wohin ihn die Karriere aber führen wird, dürfte sich wohl erst jetzt mit "Bar Stool Preacher" entscheiden. Hop oder top? Man drückt dem schicksalsgebeutelten Sänger und Songschreiber jedenfalls gerne die Daumen.

Ob das was hilft, steht freilich auf einem anderen Blatt. Der Konkurrenzkampf ist in Nashville schließlich gnadenlos. Songs müssen zünden, die Community muss bei Laune gehalten und stetig mit neuen Tracks gefüttert werden. Um musikalisch ein weites Feld abzustecken, teilt sich Bryant die Produktions-Credits mit vier weiteren Produzenten, darunter Jesse Triplett. Gemeinsam hat das Team einen würziges Sound-Konzept erarbeitet, das Country-Rock, Outlaw-Country und gefällige Balladen bereithält. Inhaltlich unterscheidet sich Bryant auch auf seinem zweiten Album vom Gros seiner singenden Nashville-Kollegen, wenn er existenziellen Themen wie Glaube, Sucht und Erlösung verhandelt.

Für den Einstieg von "Bar Stool Preacher" hat sich der Georgia-Boy indes ein eher bekömmliches Thema ausgeguckt: "Well Whiskey (Discount Cigarettes)" hört sich so an, wie der Titel verspricht: launig, locker und ziemlich gut drauf. Der im Shuffle-Rhythmus angelegte Country-Rocker ist dicht arrangiert und sollte das Stimmungs-Level einer jeden Bar verbessern. Ein harmloser, radiotauglicher Song, den Jacob Bryant mit der nötigen Überzeugungskraft vorträgt - und dabei gelegentlich an Ober-Brummbär Trace Adkins erinnert. Zumindest dann, wenn er seine ohnehin ziemlich bassige Stimme tief und tiefer in den Keller drückt.

Jacob Bryant schärft mit "Bar Stool Preacher" weiter sein Profil

Nach dem eher harmlosen Opener legt er mit "The Bottom (Raise 'Em Up)" den ersten Knaller der CD vor: ein etwas dunkler, mit zurückhaltender Energie und Southern-Rock-Elementen aufgeladener Song mit top Refrain. Wie sehr Jacob Bryant als stimmliches Double von Trace Adkins durchgeht, zeigt sich dagegen in den ersten Zeilen von "Can't Say No to You", einem entspannten Country-Rocker mit hippen Sounds.

Was Jacob Bryant aber als Künstler wirklich draufhat, beweist er in anderen Titeln. Etwa in dem souligen, im Mid-tempo angesiedelten und dazu tiefgründigem "Baptized by the River" oder in den ruhigen, vornehmlich akustisch arrangierten Songs "Things That Hurt" und "Devil & An Old Six String", in der sehr gefühlvollen Ballade "Heartbeat" oder in dem unkonventionellen, mit einem irren Bassgitarren-Riff versehenen funky Track "Wash It Down". Weitere Glanzlichter der CD setzen "Can't Take An Angel to Hell" - ein im lässig dahinholpernden 6/8-Takt angelegter Southern-Rocker - sowie der solide Blues von "Ain't Gonna Happen Today".

Mit dem sperrigen "Amen" beendet Jacob Bryant sein zweites Album - und lässt nochmal aufhorchen: der Track erinnert in seiner düster-opulenten Machart doch glatt an die Hits von "Unheilig". Muss man mögen.

Fazit: Jacob Bryant verarbeitet im Verlauf der 13 "Bar Stool Preacher"-Songs gleich eine ganze Reihe von unterschiedlichen Stilmitteln. Darüber hinaus beweist der stimmgewaltige Sänger Mut zu unkonventionellen Sounds und Songs - und schärft damit weiter sein Profil. Gut gemacht!

Label: American Roots / Thirty Tigers (Membran) VÖ: 14. Januar 2022
01 Well Whiskey (Discount Cigarettes)
02 The Bottom (Raise Em Up)
03 Can't Say No to You
04 Baptized by the River
05 Things That Hurt
06 Can't Take an Angel to Hell
07 Good Ol' Boy (UK Rock Remix)
08 Devil & an Old Six String
09 Buzzards
10 Ain't Gonna Happen Today
11 Heartbeat
12 Wash It Down
13 Amen
vgw
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