Im März 1998 spielte Folksänger Michael McCloud gerade auf seiner Gitarre in Sloppy Joes Bar, als ihm das bunte Publikum auffiel, bestehend aus partysüchtigen Studenten, tätowierten Bikern und Lesben, die das ‚Women in Paradise’-Festival in der Stadt besuchten.
„Genau in diesem Augenblick, in dem mir richtig bewusst wurde, welch eine seltsame Mischung von Leuten hier versammelt war, kam ein Reisebus aus Fort Lauderdale an", erinnert sich McCloud. „Daraufhin marschierte eine Gruppe von Senioren mit Gehhilfen und Getränkegutscheinen in die Bar."
Das war Inspiration genug.
McCloud ging unverzüglich auf die Herrentoilette der Bar und schrieb dort den Song „Tourist Town Bar".
Er schrieb diesen Song vor allem zu seinem eigenen Vergnügen. Jedoch hofft der etwa sechzigjährige kettenrauchende Sänger jetzt, rund zwei Jahrzehnte später, dass ihm dieser humorvolle Song die Rente sichern wird.
McCloud, der immer noch singt und dafür nur Trinkgelder bekommt, verklagt Country-Superstar Toby Keith wegen Urheberrechtsverletzung, da es seiner Meinung nach verblüffende Parallelen zwischen seinem Song und dem 2003 veröffentlichten Hit „I Love This Bar" gibt.
Die Version von Keith wurde ein Nr. 1-Hit in den Countrycharts und hielt sich 20 Wochen lang in den Hot 100 Airplay-Charts. Es war außerdem der erste Song auf Keiths Album „Shock’n Y’All", das die Nr. 1 der Countrycharts belegte und allein im ersten Jahr 2,3 Millionen Exemplare verkaufte.
Ein Anruf bei der Plattenfirma wurde von einer Sekretärin beantwortet, die jeglichen Kommentar ablehnte und uns an den in New York ansässigen Anwalt Stuart Prager verwies, der seinerseits auf die Bitten des Reporters um Rückruf nicht reagierte.
Die in Tampa ansässige Rechtsanwältin von Keith McCloud, Amy Quezon von der landesweit firmierenden Anwaltssozietät Wilkes & McHugh, erklärte, dass es nicht in erster Linie um die Musik, sondern um die ähnlichkeit der Texte ginge.
Der Song von McCloud beginnt wie folgt: "We get bimbos and bozos and bikers and boozers/Daytime drunks and three-time losers/We get a room full of rednecks and fancy dressed fellas/And busloads of bluehairs and dirtbags and sailors."
Der Anfang von Keiths Song lautet: "We got winners, we got losers/Chain Smokers and boozers/And we got yuppies, we got bikers/We’ve got thirsty hitchhikers."
Quezon erklärte, dass der Grund dafür, dass sie sich ihrer Sache vollkommen sicher ist, darin liegt, dass Keith den Song in Key West, in Jimmy Buffetts Shrimp Boat Sound Studio aufnahm, also nur einen Katzensprung von der Open-Air Schooner Wharf Bar entfernt, in der McCloud regelmäßig in den letzten 12 Jahren spielte. McCloud gab an, dass Keith die Schooner Wharf Bar mehrmals bei seinen Auftritten besuchte.
„Ja sicher, Toby Keith war hier", sagte der Besitzer der Schooner Wharf Bar, Angus Cameron. „Er kam mehrmals hierher mit einem riesigen Security-Typen, der sicher über drei Zentner wog."
Cameron bestätigte, dass Keith mehrmals während der Nachmittagsauftritte von McCloud in der Bar zu Mittag aß.
Schwierige Beweisführung
Der in Miami, Florida, ansässige Rechtsanwalt David Bercuson, der über zwanzig Jahre Erfahrung mit Urheberrechtsfragen in der Musikbranche verfügt und nicht an diesem Verfahren beteiligt ist, hörte sich auf Bitte von „The Miami’s Herald" beide Songs an und verglich die Lyrics miteinander.
Sein Fazit: Die von McCloud vorgebrachte Verletzung von Urheberrechten wird nicht einfach zu beweisen sein.
„Das Thema der beiden Songs ist vergleichbar, die Art, in der das Thema präsentiert wird, ist vergleichbar, aber schließlich ähneln sich auch alle Liebeslieder irgendwie, erklärte Bercuson.
„Man kann eine Idee nicht schützen."
„Die Musik ist nicht dieselbe. Die Worte sind nicht dieselben. Es hört sich so an, als ob Keith etwas hörte, ihm die Idee gefiel, woraufhin er dann diesen Song schrieb und ihm seine eigene Note gab", fügt er hinzu.
Die Klage wurde beim Federal Court in Miami gegen Keith, seinen Mit-Songschreiber Scotty Emerick, seine Platten- und Vertriebsfirmen sowie die eigene Firma von Keith, Tokeco Tunes, eingereicht.
McCloud teilte mit, dass er Keith den Song für $ 500 verkauft hätte, wenn ihn dieser gefragt hätte.
„Ich hätte es wirklich getan, weil der Song auf der Toilette geschrieben wurde und in nur fünf Minuten fertig war. Zugegeben, seitdem hat der Song an Bedeutung gewonnen."
Das Recht:
1996 sicherte sich McCloud auf Drängen seiner Frau das Urheberrecht für „Tourist Town Bar". Sie sagte ihm, dass jemand auf der Duval Street seinen Song unter eigenem Namen spielen würde und er sich daher schützen müsse. Der Song ist auf einem seiner vier selbst produzierten CDs zu finden.
Auf seiner Website schreibt Keith darüber, wie er die Idee zum Song „I love this Bar" hatte. „Ich saß mit Scotty Emerick eines Nachts nach einer Show im Bus und wir spielten ein bisschen herum. Wir sprachen über die verschiedenen Leute, die man so in einer Bar sieht und fingen einfach an, den Song zu schreiben. Das dauerte nicht sehr lang. Es fühlte sich einfach wie ein wirklich guter Redneck-Song zum Mitsingen an."
Bercuson erklärte, dass Urheberrechtsauseinandersetzungen über Songs gang und gäbe – und meist auch recht kostspielig – sind. Er fügte jedoch hinzu, dass der Staat es den wenig bekannten Künstlern jetzt einfacher gemacht hat, sich mit bekannten Sängern bei großen Plattenfirmen anzulegen, da die Anwaltskosten nun auch als Schadensersatzposten aufgeführt werden können. Die Rechtsanwälte von McCloud arbeiten auf Erfolgsbasis.
McCloud teilte mit, dass er zuerst durch E-Mails auf seiner Website von „I love This Bar" erfuhr. Einige seiner Fans waren empört, dass Keith seinen Song geklaut hatte. Daraufhin ging er in den nächsten Laden und kaufte die CD von Keith.
Zuerst beabsichtigte er nicht, deswegen Schritte zu unternehmen. Aber als Quezon, die seit mehreren Jahren ein Fan von ihm ist, bei einem Auftritt in der Schooner Wharf-Bar an ihn herantrat, wurde McCloud klar, dass er das nicht einfach durchgehen lassen sollte.
„Obwohl der Song im Grunde genommen nichts Besonderes ist, stammt er doch von mir", sagte er. „Außerdem ist das auch eine Frage des Prinzips. Ich vermute, dass Keith darauf vertraute, dass ein alter grauhaariger Saufbold schon nichts unternehmen würde."
Keith hat aus dem Titel des umstrittenen Songs Kapital geschlagen, indem er zwei Bars mit dem Namen „I Love This Bar & Grill" eröffnete, eine in seinem Heimatstaat Oklahoma und eine weitere im Harrah’s-Hotel in Las Vegas.
Als es darum ging, sein Eigentum zu schützen, reagierte er blitzschnell: 2005 verklagte er eine kleine Bar in North Carolina, die sich selbst den Namen „I Love this Bar" gab. Keith hatte sich diesen Namen als Marke schützen lassen.
Die Eigentümer ließen es nicht auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen und änderten den Namen einfach auf „I Like This Bar".