Josh Thompson macht - im Gegensatz zu seinem Auftritt von einigen Tagen in Buffalo, New York,(Veranstaltungsbericht lesen) einen eher müden Eindruck. Das mag an der Vielzahl an Auftritten dieser Tage liegen; vielleicht aber auch an den hohen Temperaturen, die durch eine hohe Luftfeuchtigkeit nicht angenehmer werden. 25 Minuten lang spulen der Songschreiber aus Wisconsin und seine Kollegen sehr routiniert das Programm herunter, ohne das der Funke irgendwie richtig überspringen will. Im Gegensatz zur Show in Buffalo gibt es dabei ausschließlich Songs vom schön rockigen Debüt-Album zu hören.
Für die positive Überraschung des Abends sorgen stattdessen die Newcomer von Thompson Square. Das Duo kennt sich am Broadway bestens aus, denn Keifer and Shawna Thompson tingelten viele Jahre lang alleine, später aber auch als Duo durch die Honky Tonks der Stadt. Das sich die beiden Musiker sich gut verstehen, wird schon ab der ersten Nummer deutlich - Thomspon Square sind auf der Bühne ein bestens eingespieltes Team und im realen Leben schon seit zwölf Jahren ein Paar (und dazu schon seit elf Jahren verheiratet).
Im Frühjahr dieses Jahres erschien das erste, schlicht mit dem Bandnamen betitelte Album der Beiden, von dem es schon zwei Singles in die Radios und die Charts geschafft haben. Neben dem No. 1 Hit "Are You Gonna Kiss Me Or Not", mit dem Thompson Square ihren Auftritt nach knapp 40 Minuten beschließen, läuft derzeit das Lied "I Got You" in den Stationen rauf und runter. Musikalisch steht das Duo für den eher poppigen Country ein, der in erster Linie von den Gesangsharmonien des Ehepaars profitiert. Eine Portion Rock rundet das Ganze sowohl auf der CD als auch auf der Bühne ab. Ein Blick ins Publikum zeigt, dass Thompson Square besonders bei den Fans im Teeniealter ankommen, die lautstark alle Songs mitsingen. "One Of Those Days" oder "Getaway Car" deuten dazu an, dass es nicht bei zwei Hits-Singles aus dem Premierealbum bleiben muss. Als Ergänzung zu ihrem eigenen Material gibt es eine Adaption von "Won't Back Down", die so gut wie der Rest der Show ankommt.
Rodney Atkins beginnt sein Programm mit "It's America", der ersten Single seines gleichnamigen, dritten Albums. "About The South" folgt und jetzt guckt man schon einmal genauer auf den Mann aus Knoxville, Tennessee,der bei vielen Tönen doch um einiges von den von den Alben bekannten Gesangsleitungen abweicht. Vielleicht hat Rodney Atkins durch das vorhergegangene "Meet & Greet" mit einigen Fanclubmitgliedern keine Zeit gehabt, sich einzusingen? Fakt ist, dass man von dem Künstler bessere Leistungen gewöhnt ist. Es dauert bis zum dritten Song "Simple Things", bis Rodney Atkins seine Gesangslinie gefunden hat. Nach dem Hit "Farmers Daughter" stellt er mit "Cabin In The Woods" einen Song vor, der sich Ende des Jahres auf seiner nächsten Studio-Platte befinden wird. Eine nette, kleine Ballade, die allerdings keinen wirklich nachhaltigen Eindruck hinterlassen kann.
Spätestens als zum Auftakt von "Tell A Country Boy" eine Fiddle vom Band eingespielt wird, ist auch dem letzten Besucher klar, welches Instrument heute auf der Bühne fehlt. Immerhin gibt es als Ausgleich ein kleines Pedal Steel-Guitar Solo. Das schöne "Friends With Tractors" folgt - eine Nummer, die eigentlich eine Single-Auskopplung verdient gehabt hätte.
Dann darf der Neuzugang innerhalb der Band - Gitarrist Phil Sharp - bei einem Solo zeigen, was er drauf hat. Der Mann passt mit seinen langen blonden Haaren, Patronengürtel und hautenger Jeans optisch besser eine Hardrock-Kapelle aus den 80-er Jahren, ist aber an der Gitarre ein richtig guter Vertreter seiner Zupft. Sharp leitet auch das nächste Stück "Waysted Whiskey" ein. Danach hat sich die Band eine Pause verdient und Atkins - glücklicherweise wieder voll bei Stimme - covert ganz allen einen ganz großen: Garth Brooks. "Much Too Young To Feel This Damn Old" ist der Song des Mega-Stars, den Atkins sehr überzeugend zusammen mit einer seiner zahllosen Acoustic-Gitarren performt. Einmal in Coverlaune gibt es gleich danach noch einen Song zu hören, bei dem Atkins dann wieder auf die Unterstützung seiner Band zählen kann: "Long Haired Country Boy" von Charlie Daniels.
Das große Finale wird mit der aktuellen Single "Take A Back Road" eingeleitet, einem der Titel, in dem es einmal mehr darum geht, dass früher mal alles besser war. Ein guter Song, aber kein Kandidat für einen zukünftigen No. 1 Hit. Dass Atkins davon schon eine ganze Reihe eingefahren hat, beweist er in der Folge. Nachdem er mit einer riesigen "Schussmaschine" ein paar T-Shirts in die Menge geschossen hat, folgt gleich ein Tripple an ehemaligen Platz 1 Hits. "Cleaning This Gun (Come On In Boy)" macht den Anfang; es folgt die wunderbare Vater-Sohn Hymne "Watching You" und das mitreißende "These Are My People". Als Zugabe gibt es eine weitere Nr. 1: "If You're Going to Hell".
Der Auftritt ist damit beendet; die Live-Darbietungen indes nicht. Ein Fan hat Atkins aus der ersten Reihe 2.000 Dollar bar in die Hand gedrückt. Die Spende für die Hilfsaktion zugunsten der Opfer der Tornados ist mit einer Bitte verbunden. Der großzügige Spender will unbedingt einen Song vor der Menschenmasse darbieten. Und da in Amerika nichts unmöglich ist, schickt der Unbekannte die Fans wenig später mit Jimmy Buffets "Margaritaville" nach Hause (oder in die umliegenden Bars). Ein ungewöhnliches, aber sehr lobenswertes Ende einer unterhaltsamen Benefiz-Show.