Bellamy Brothers zum ersten Mal im Four Corners

Bellamy BrothersCountry ist ein Gefühl. Das kann selbstverständlich in den sanften Hügeln der Smokey Mountains in Tennessee entstehen, in einer urbanen Betonwüste und freilich auch in einem eher schmucklosen Industriegebiet in der bayerischen Provinz. Zum Beispiel in Untermeitingen. Hierher, in die Nähe von Landsberg, nahe Augsburg, hat es Marianne und Bill verschlagen, um mit dem Four Corners einen bundesweit angesagten Countryclub aufzumachen. Mit großem Erfolg. Wer einen Blick in ihr aktuelles Live-Programm oder auf die mit zahlreichen Memorabilien versehenen Wände wirft, erkennt: Hier ist Country zu Hause. Hier, zwischen Disco, Kartoffelacker, Aldi und Kfz-Werkstätten.

Das Four Corners ist am 11. Mai 2009 proppenvoll. Kein Wunder, immerhin hat sich mit den Bellamy Brothers, eine echte Country-Legende, angesagt. Seit die aus Florida stammenden Brüder Howard und David Bellamy 1976 den Track "Let Your Love Flow" – übrigens eine Komposition eines Roadies von Neil Diamond – mit butterweichen Stimmen interpretierten, gehört das Duo zum Country wie die Sterne zur Rebel Flag. Wobei rebellieren nie der Fall der beiden Country-Brothers war. Eher das Gegenteil. In Nashville hatte der Zweier deshalb traditionell einen schweren Stand, und als die beiden Sänger und Gitarristen Anfang der 1990er Jahre dann auch noch Ralph Siegel unter Vertrag nahm ("Neon Cowboy")...Nun gut, über dieses finstere Kapitel breiten wir diskret das Tuch des Schweigens...

Bellamy Brothers; Foto: Gunther MatejkaDas sehen die Gäste im ausverkauften Four Corners wohl genauso. Top Stimmung ab den ersten Akkorden-Klänge, frenetischer Applaus nach jedem Song. Die Band, bestehend aus den zwei Bellamys, einem Drummer, einem Bassisten, zwei Gitarristen und einem Lap-Steel-Gitarristen, ist, wie der Cowboy sagt "far from home" - und dennoch irgendwie daheim: Jede Menge Stetsons, Tattoos, Cowboy-Boots und noch mehr gute Laune. Es muss Spaß machen, hier aufzutreten. Und so präsentiert die Band gut aufgeräumt ein umfassendes Programm, das tatsächlich keine Wünsche offen lässt.

Auf der Setlist stehen sämtliche Hits der Bellamys - "More of You", "Reggae Cowboy", "Beautiful Body" und, gegen Ende, "Let Your Love Flow" - aber auch weniger bekannte Titel ihrer imposanten Karriere. Bei den Interpretationen gelingt es den Routiniers, einerseits das stimmige Gefühl für den Song bereit zu halten. Andererseits gestehen sie der sehr soliden Backingband immer wieder Freiräume für solistische Improvisationen zu. Da darf der Bassist bei "Dixie" mal zeigen, was er an der Harp drauf hat; bei "Lightning" greift sich der Pedal-Steel-Gitarrist die Stratocaster um mit den anderen Gitarreros (nun insgesamt vier an der Zahl!) zum Duell anzutreten; bei "Lie to You" gibt es ein hübsches Slide-Solo vom langmähnigen, irgendwie an eine muskellose Rambo-Version erinnernden Solo-Gitarristen. Und der Dummer, aus Soundgründen diskriminierend in einem Plexiglaskäfig versteckt, trommelt dazu einen zuverlässigen Beat. Nicht virtuos, aber stimmig und jederzeit banddienlich. Satte 63 Lenze zählt Howard, der vier Jahre ältere Bellamy, mittlerweile. Und die sieht man ihm auch an. Aber anhören? Keineswegs! Der graubärtige, bierbäuchige Kerl mit dem flatternden gelben Hemd trifft immer noch makellos jeden Ton mit einer Resi-Schmelz-Stimme, die nichts von ihrer Faszination eingebüßt hat. Das bleibt auch so bis zum letzten Ton der letzten Zugabe.

Ein schöner Abend geht zu Ende. Friedlich, freundschaftlich und vielleicht für manchen bayerischen Cowboy auch etwas wehmütig. Denn so wahnsinnig oft wird man diese Band wohl nicht mehr in hiesigen Gefilden erleben können.

vgw
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