
Kurz bevor Billy Yates auf einem Festival in Dänemark die Bühne betrat, erhielt er seltsame Neuigkeiten von der Veranstalterin. Nach seiner Erinnerung sagte sie, "'Ich muss Dir was sagen- sie haben Waffen. Wenn ihnen gefällt, was Du tust, schießen sie damit in die Luft.' Und ich sagte, 'Na gut, und wohin schießen sie, wenn sie es nicht mögen?'"
Wieder in Sicherheit in seinem Büro in der Nähe von Nashvilles Music Row erklärte Yates, was passiert war. "Das waren keine richtigen Waffen," sagte er mit einem Lächeln. "Sie schießen mit Platzpatronen. Aber einige Country-Festivals in Europa haben Saloons im Wild-West-Stil. Ich habe darin viele Leute mit Holster herumlaufen sehen. Und wirklich, als ich den ersten Song spielte, fingen sie an zu ballern. So etwas gäbe es hier nicht."
Gut, vielleicht in einigen Läden, aber ausgelassenes Geknalle und rhythmisches Klatschen sind einfach nur zwei Arten, auf die die europäischen Fans ihre Begeisterung für Yates und andere Country-Künstler ausdrücken.
Auffälliger als diese Unterschiede waren die Ähnlichkeiten, die Yates zwischen dem Publikum zuhause und im Ausland entdeckte. Diese Mischung aus gemeinsamen Interessen an den lebensnahen Inhalten der Country Music und der Aussicht auf einzigartige Erfahrungen und langfristig positive finanzielle Erträge ist der Grund, warum er seit seinem ersten Besuch in Europa vor sieben Jahren weiterhin jedes Jahr zwischen 40 und 50 Konzerte gibt.
Für Yates begann der Weg nach Europa in Texas. Er hatte bereits mehrere Plattenverträge mit ganz unterschiedlichem Erfolg hinter sich. Als Texter hatte er Songs für Kenny Chesney, Sara Evans, George Strait und viele andere geschrieben, besonders hervorzuheben sind darunter George Jones' Grammy-Gewinner "Choices" und "I Don't Need Your Rockin' Chair", der 1993 von der CMA (Country Music Association) als "Vocal Event of the Year" ausgezeichnet wurde. Als er jedoch seine eigene Platte bei M.O.D. Records veröffentlichte, entschied sich Yates, auf seine Stärke als Country-Musiker zu setzen und sich vor allem auf die Vermarktung in Texas zu konzentrieren. Die Ergebnisse waren, wie er es sich erhofft hatte - ein Platz in den Charts, er wurde im Radio gespielt - es gab allerdings ein unerwartetes Nebenprodukt.

"Was ich nicht wusste, war, dass eine Menge Leute in Europa viel mehr darauf achten, was in Texas passiert, und nicht in Nashville", sagte er. "Einer von ihnen war Cor Sanne, ein Agent in Holland, der für eine Reihe von Country Music-Touren verantwortlich war. Also setzte ich mich mit ihm in Verbindung, er kam nach Nashville und wir trafen uns im Cracker Barrel in White House, Tennessee."
Sanne lud Yates ein, bei einer Veranstaltung aufzutreten, die er gerade für Amsterdam zusammenstellte. Nicht nur das, er lud Promoter aus ganz Europa ein, zuzusehen. Der Oldschool-Sound von Yates, der in dessen Heimat nicht gerade zum Angesagtesten gehörte, passte perfekt zum Geschmack des Publikums der Alten Welt, sodass die Engagements nicht auf sich warten ließen.
"Die Leute in Europa, die Country Music lieben, sind sehr treu", bemerkte er. "Es ist ihnen egal, wie alt, dick oder glatzköpfig du bist; es geht um die Musik."
Es geht auch nicht um Formate. Obwohl Country-Musiker in Europa eine starke Gefolgschaft aufbauen können, erfordert das Format selbst keine bestimmte Identität auf dem breiteren Markt. Tatsächlich erleichtert dies vielen Künstlern, Europa in eine solide Einkommensquelle zu verwandeln. Nach Yates' Überzeugung gilt dies besonders für diejenigen, die in den USA nicht so ohne Weiteres in kommerzielle Trends passen, wie das kürzlich am Beispiel von "Famous for Bein' Your Fool", von Yates' Album "Bill's Barber Shop zu sehen war.
"Wir haben für Leute gespielt, die gar nichts über Country Music wissen", sagte Yates. "Viele haben Tattoos oder Piercings. Zuerst kratzen sie sich am Kopf, aber gegen Ende des Konzerts kaufen sie deine CDs und wollen dein Autogramm, weil wir die Musik sehr professionell aber dennoch cool präsentieren. Meine Musik ist Traditional und Honky-Tonk, und das gibt mir die Möglichkeit es ihnen ziemlich direkt zu servieren, mit ein bisschen Nachdruck. Und sie lieben es."
Von Italien bis ins Vereinigte Königreich, von Spanien bis in die Länder des ehemaligen Ostblocks, von Auftritten bei Leuten zuhause vor 50 Leuten bis zu einer Show vor 40.000 neuen Fans in Litauen hat Yates in Europa eine Karriere aufgebaut, die das, was er bereits in seiner Heimat erreicht hat, überdauern und übertreffen könnte. Ebenso wichtig ist, dass er seinen persönlichen Horizont durch Erfahrungen erweitert hat, die er auf anderem Wege nicht gemacht hätte, sei es nun der Besuch von Omaha Beach in der Normandie oder das Wiedererleben der Begeisterung, die er Jahre zuvor am Beginn seiner Laufbahn empfand.
"Geht man nach Europa, fühlt sich das an, als ginge man auf eine gute Art in der Zeit zurück", reflektierte Yates. "Sie sind zivilisiert und modern, aber in diesen kleinen Städten schließen die Leute ihre Haustüren nicht ab, und die Kinder gehen zu Fuß zur Schule. Und sie sprechen auf Country Music an, weil sie sich um das Leben und die Liebe dreht, um Gut und Böse - genau die selben Dinge, über die ich mit ihnen auch nach den Konzerten rede. Hinzu kommt, wenn man die Energie und den Drang verloren hat, aufzutreten, kann es wie eine Wiedergeburt sein, die Ärmel hochzukrempeln und von vorne anzufangen. Als ich in Europa anfing, hatten sie keine Ahnung, wer ich war – und heute sind unsere Konzerte ausverkauft. Dies wieder zu tun, später im Leben, ist wirklich großartig."