Stefan Waggershausen: Der alte Wolf ist zurück

Stefan Waggershausen; Foto: Jim Rakete

So richtig war Stefan Waggershausen nie einzuordnen. Für Schlager, war er zu anspruchsvoll. Für Rock zu entspannt. Für Blues, Cajun und Country ... Na, das hat allemal irgendwie immer zu ihm gepasst. Auch heute noch: 14 Jahre nach seinem letzten Album meldet sich Stefan Waggershausen mit dem neuen Album "So ist das Spiel" zurück.

Vor 14 Jahren veröffentlichte Stefan Waggershausen sein letztes Album "Louisiana". Man könnte, denkt man in Musikbusiness-Schablonenen, sagen: 14 Jahre Pause. Das muss man sich einmal vorstellen. Das sind 168 Monate und über 5.000 Tage. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat der 1949 in Friedrichshafen geborene Singer/Songschreiber und Autor die Zeit sinnvoll genutzt. Vermutlich mit etwas Sport (Skifahren, Tennis), mit Familie ("mein Privatleben ist mir heilig") und mit Sicherheit mit viel Musikhören und - machen. Denn der einstige Psychologie-Student und Ex-SFB-Moderator knüpft mit seinem neuen Werk "So ist das Spiel" erstaunlich nahtlos an das Vorgängeralbum. Wieder ist Waggershausen auf einem entspannten Trail durch die Sound-Sümpfe von Louisiana, zitiert er mit Dobro, Akkordeon, Fiddle, Orgel und einer sehnsüchtigen Slide-Gitarre Elemente aus Cajun- und Zydeco, Blues und Country.
Stefan Waggershausen; Foto: Jim RaketeAlles natürlich hochgradig entspannt. Gerade so, als ob JJ Cale - der Meister der Langsamkeit - nach einer ausgiebigen Siesta in die Saiten greifen würde um einen neuen Song aus den Saiten zu schütteln, geht es auch Waggershausen an. Hektik, Aktionismus oder gar das mühsame Belegen musikalischer Fertigkeiten haben auf dem Album nichts verloren. Damit wirkt die CD wie ein Anachronismus in zwölf Song-Akten. Doch damit kann der immer noch wie zu "Hallo Engel"-Zeiten unverschämt lässig raunzende Sänger offenbar gut leben: "Warum sollte ich mich trendabhängigen Diktaten unterwerfen?", fragt er und schickt die Antwort gleich hinterher: "Ich habe mich nie verbiegen lassen und ich habe keine Lust auf scheinheilige Kompromisse." Er sage lieber war er wolle, denn: "Dann bin ich ICH! Worauf sollte ich Rücksicht nehmen?" Noch eine Frage. Und auch dafür hat er eine Erklärung: "Da wo das Gedränge und die Warteschlange am größten ist, da war nie mein Zuhause."

Stefan Waggershausen; Foto: Jim RaketeÄhnlichen Bilder und Metaphern entwirft der u.a. mit einem "Echo", einer "Goldenen Europa" und dem "Deutschen Schallplattenpreis" ausgezeichnete Künstler auch auf seinem neuen Album. Titel wie "Sonne im Westen" und "Babylon Avenue" verströmen ein Gefühl nach Weite und Ferne, wie es selten auf Deutsch glaubwürdiger formuliert wurde; bei "Dein Lächeln beim Abschied" erinnert in seiner schwül-hitzigen Mixtur aus Country, Rock und Blues an Größen wie Ry Cooder und Daniel Lanois und bei "Endloser Sommer" erweisen ihm einige deutsche (Musik)Stars ihre Referenz: die hier als "Billy & The Home-Boys" firmierenden Sasha, Jan-Josef Liefers und Söhne-Mannheims-Sänger Henning Wehland bilden einen außergewöhnlichen Backingchor.

Bereits 1974 veröffentlichte der in Friedrichshafen geborene und aufgewachsene Liedermacher sein erstes Album "Traumtanzzeit", das ihm den Hit "Hollywood sieht anders aus am Morgen" beschert. Dennoch macht Waggershausen erst mal Radio: Als Moderator arbeitet er beim SFB und bei RIAS. 1980 aber ist die Zeit reif für den großen Durchbruch – mit Titel wie "Verzeih'n Sie Madame" und mit "Hallo Engel". Songs, die bis heute zur Playlist vieler Radiostationen gehören. In den 1980er und 90er Jahren sorgte er vor allem mit verschiedenen Duetten für Aufsehen und Hits: "Zu nah am Feuer" (mit Alice) und "Das erste Mal tat's noch weh" (mit Viktor Lazlo). Trotz Erfolge, machte sich der für seinen unnachahmlich lässigen Gesang bekannte Sänger anschließend rar. Das in Amerika entstandene Album "Louisiana" von 1995 überzeugte mit tiefgehenden Blues- und Cajun-Songs zwar Publikum und Kritik – bleibt aber bis "So ist das Spiel" seine letzte Veröffentlichung mit neuen Songs.

Sie sind nicht die einzigen, die ihren geschätzten Kollegen die Ehre erweisen: Die blonde Chansons-Sirene Annett Louisan steuert ein paar knisternd erotische Zeilen beim unverstellt biografisch entworfenen "Der alte Wolf wird langsam grau", Till Brönner wirf ab und an herrliche Trompeten-Klänge und Peter Weihe - Deutschlands Session-Gitarrist Nummer eins - läuft in diesem unaufgeregtem Umfeld zur absoluten Höchstform auf. Mit dabei auch eine alte Weggefährtin des coolen Sängers: Alice. 27 Jahre nach ihrem gemeinsamen Hit-Evergreen "Zu nah am Feuer" teilen sich die feurige Italienerin und der lässige Germane bei "Was soll ich dir sagen" erneut das Mikro.

Schon vor 14 Jahren verriet Stefan Waggershausen in einem Interview, dass ihm sein eigenes Image ziemlich egal sei ("sehe das grinsend"), dass er zu seinem Glück nicht unbedingt Single-Hits braucht ("bin ein Album-Künstler") und dass seine Vision von seiner Musik U-Musik mit "einigermaßen intelligenten Texten" sei. "Ein Album ist für mich immer wie ein kleiner musikalischer Film", sagt der Fan von Spielberg und alten Film-Noir-Streifen, "und die Songs stellen verschiedene Sequenzen dar". Das gilt ohne Vorbehalt auch für "So ist das Spiel": Ein Album wie Kino für die Ohren.

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