Fünf Jahre danach - Gedenken an die Opfer des Route 91 Schießerei

Priscilla Block

Heute vor fünf Jahren fand die Route 91 Schießerei statt

Heute vor fünf Jahren, am 1. Oktober 2017, eröffnete Stephen Paddock aus dem Mandalay Bay Hotel in Las Vegas, Nevada, das Feuer auf das rund 450 Meter entfernte Festivalgelände des Route 91 Harvest Country Festivals. Er verletzte über 800 Besucherinnen und Besucher und tötete 60. In nur elf Minute gab Paddock über 1.000 Schüsse ab und tötete sich im Anschluss an seine Tat selbst.

In nur elf Minuten veränderte Stephen Paddock das Leben von zahllosen Menschen. Er verwundete mit seinen abgegebenen Schüssen nach heutigen Erkenntnissen 413 Menschen auf dem Route 91 Harvest Festival, wobei durch die entstandene Panik auf dem Gelände über 800 Menschen verletzt wurden. Die Zahl der getöteten Menschen wurde im Nachgang der Tat auf 60 beziffert. Am 1. Oktober 2022 jährt sich das "2017 Las Vegas Shooting" zum fünften Mal und zu diesem Tag veröffentlicht Paramount+ eine vierteilige Dokumentation, "11 Minutes", zum Gedenken der Opfer und mit tiefen Einblicken in die Geschehnisse, vor, während und nach der Tat.

Unklare Beweggründe - Eindeutige Vorbereitungen

Noch bis zum heutigen Tag sind die Hintergründe der Tat, die Paddock am 1. Oktober 2017 beging als "officially undetermined" (offiziell unbestimmt) kategorisiert. Paddock war zum Tatzeitpunkt ein 64-jähriger Mann aus Mesquite in Nevada. Er galt als wohlhabend und erfolgreich. 1977 schloss er erfolgreich an der California State University, Northridge, ein Studium in Betriebswissenschaften ab und verdiente in der Folge sein Geld als Buchhalter und später als Immobilienunternehmer. In der Szene der Videopoker-Spieler war Paddock bekannt, zudem war er lizenzierter Jäger und Pilot sowie Zeit seines Lebens nicht vorbestraft. Dennoch wurde im Nachgang seines Massenmordes in Las Vegas deutlich, dass er seine Tat weitaus geplant hatte.

Laut seiner damaligen Lebensgefährtin war das Paar bereits einen Monat vor der Tat im Mandalay Bay Hotel und Paddock widmete sich bereits zu diesem Zeitpunkt intensiv den jeweiligen Blickwinkeln aus verschiedenen Fenstern des Hotels. Zudem ergaben spätere Ermittlungen, dass Paddock via Google weitreichende Informationen über das Hotel einholte. Es wurden Suchbegriffe wie "How tall is Mandalay Bay" (Wie hoch ist das Mandalay Bay) rekonstruiert, was die Planungen Paddocks verdeutlichte.

Um 22:05 Uhr eröffnete Paddock aus dem 32. Stock des Hotels wahllos das Feuer auf die über 22.000 anwesenden Festival-Gäste am Abschlusstag des Route 91 Harvest Country Music-Festivals. Während Jason Aldean das finale Konzert des Abends spielte, gab Paddock über 1.000 Schüsse ab. Mit kurzen Pausen zwischen den Schüssen dauerte der Anschlag des 64-Jährige bis 22:15 Uhr. In diesen elf Minuten entstand auf dem Festival-Gelände eine Massenpanik, die für noch zahlreiche weitere Verletzte sorgte.

Der anwesende Radio-Moderator Storme Warren vom Sender SiriusXM, der den Festivalabend moderierte, steht noch heute in engem Kontakt mit einem Trauma-Therapeuten, der sonst mit Navy SEALS arbeitet. Jason Aldean und Dee Jay Silver spüren auch fünf Jahre nach der Tat eine gewisse Schuld. Ganz zu schweigen von den hunderten Verletzten, wie die Besucherin Natalie Grumet, die mit einer großen Narbe im Gesicht nachhaltig gezeichnet bleibt.

Die Paramount+ Dokumentation "11 Minutes" - Ehrlich und nicht glorifizierend

Dabei schlägt die Dokumentation von Regisseur Jeff Zimbalist einen deutlich nicht sensationellen oder gar glorifizierenden Weg der Berichterstattung ein. Es gibt keinen Erzähler, der durch das Geschehen führen soll oder Moderator als Gesicht der Produktion. In den ersten zwei Stunden sollen zudem keinerlei Live-Bilder von Nachrichten-Sendern zu sehen sein. Anstelle dessen erzählen überlebende Opfer der Tat chronologisch, wie sie den Abend erlebt haben. Dabei kommen Musiker, Beuscher, Polizisten, medizinisches Personal und Ersthelfer zu Wort. Während der Interview-Sequenzen werden aufgezeichnete Bilder von Body-Cams der Polizisten und zahlreiche Handy-Aufnahmen gezeigt. "Die Dokumentation ist nicht einfach zu schauen", schreibt Tom Roland in seinem Billboard Country Update über die Dokumentation gerade in Bezug auf die Aufnahmen. Wie nach auch Jason Aldean und seine Band auf der Bühne dem Ganzen war, zeigt sich durch die Geschichte von Tully Kennedy. Der Bassist von Aldean wurde auf der Bühne von einer Kugel getroffen, Aldean spricht in der Dokumentation davon, dass "wenn er seinen Bass nicht vor sich gehabt hätte, die Kugel ihn sicher direkt getroffen hätte."

Die ausführende Produzentin Susan Zirinsky hat bereits Erfahrung mit Berichterstattung über derartig schreckliche Ereignisse. 1982 berichtete sie über den Krieg auf den Falklandinseln, 1991 aus dem Golfkrieg und außerdem arbeitete sie mit an einer Dokumentation über den 11. September. Ihr war es bei dem Projekt wichtig, dass trotz der Zerstörung und des Chaos vor Ort deutlich wird, dass diese Situationen auch das Beste in Menschen zum Vorschein bringen kann. "Es waren 20.000 Leute bei diesem Konzert und es ging nur um die Rettung von den Menschen rechts und links neben dir. Es war egal, wer du warst oder die Menschen neben dir, egal, welche Religion sie hatten, welche Partie sie wählten oder welche Hautfarbe sie hatten. Das reduzierte Männer und Frauen auf ihre grundlegende Menschlichkeit", so Zirinsky. Auch aus diesem Beweggrund wird explizit unter anderem die Geschichte von Jonathan Smith, ein farbiger Amerikaner, der in Los Angeles aufwuchs, erzählt. Zu Beginn des Festivals wurde Smith von einem anderen Besucher des Festivals mit dem Satz, "Ich wusste nicht, dass Leute wie du diese Musik mögen", konfrontiert. Als Paddock das Feuer auf das Festival eröffnete entkam Smith durch einen Ausgang, entschied sich jedoch trotz dieser rassistischen Anfeindung umzukehren und anderen Besuchern zu helfen. Dabei wurde er im Nacken von einer Kugel getroffen.

Schlussendlich überlebte Smith und gilt noch heute als Beispiel für die Menschen des Festivals an diesem Abend. Die Dokumentation möchte in keiner Weise belehrend oder politisch agieren, das stellt Zirinsky gleichermaßen heraus. Aber, "es ist schwer, nicht zu erkennen, dass die finanziellen, emotionalen und menschlichen Folgen auf den Schultern der Mehrheit lasten." Ein kürzlich erlassenes Gesetz des Kongresses hat zumindest den Zugang zu Waffen schrittweise eingeschränkt. Paddock hatte in dem Zimmer des Mandalay Hotels 24 Waffen, eine große Menge an Munition und zahlreiche Magazine, welche bis zu 100 Kugeln fassen konnte. Die eingangs erwähnte Lebensgefährtin von Paddock sagte nach der Tat aus, sie war der Meinung, dass Waffen kaufen für Paddock eine Art Hobby sei. Nach den vier Teilen der Dokumentation widmet "11 Minutes" einen ganze sechs Minuten langen Abspann einer Liste mit den Orten von Massenschießereien in den USA der letzten fünf Jahre. Zudem werden die Namen aller Opfer hier genannt. Am 03. Oktober 2019 einigten sich das MGM Resorts International, welche auch das Mandalay Bay verwalten, in einem Rechtsstreit mit Vertretern der Opfer der Schießerei auf einen Vergleich, der mit 800 Millionen US-Dollar dotiert war.

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