
"Der Samstag Abend ist seit Wochen ausverkauft", bestätigt Mediensprecher Ed Bouchard "und auch die 3.000 Sitzplätze am Freitag Abend sind zu 95 % besetzt." Bei Konzertbeginn am Freitag Abend mit den Riders in the Sky füllt sich das Konzertzelt rasch.

Polka, Akkordeon und Jodelmusik treffen zugegebenermassen nicht jedermanns Musikgeschmack. Riders In The Sky schaffen es jedoch mit einer Hingabe und einer unglaublichen Spielfreude, das Gstaader Publikum von der ersten Minute an mit ihrer guten Laune anzustecken. "Wir mögen uns gegenseitig, und wir lieben es, zusammen zu spielen", erklären die Jungs einstimmig. Der Klarinettenpolka wird von Woody Paul mit Fiddle gespielt und begeistert beklatscht. Too Slim erzählt stolz von zwei gewonnen Grammys und davon, dass er bei der Verleihung hinter der Bühne Eminem getroffen habe. Gekonnt setzt er zu einer sympathisch schrägen Rap-Einlage an. Als besonderen Leckerbissen servieren die Jungs "Ghost Riders in the Sky". Bei geschlossenen Augen sehe ich Pferde samt Wagengespann über die staubige Landstrasse galoppieren.

In die Gegenwart zurück holt uns Julie Roberts mit ihrer 5-köfigen Band. Obwohl Musik mit den Ohren und nicht mit dem Auge genossen werden sollte, kommt man(n) an Julies umwerfendem Lächeln nicht vorbei. Julies starke, bluesige Stimme dürfte so wohl den einen oder anderen Zuhörer überrascht haben. Mit "First to Never Know" schmettert sie gleich zu Beginn eine Powerballade hin. "Es zieht mich immer wieder zu solchen Herzschmerzsongs hin", sagt Julie und lässt gleich noch ein paar Balladen mit traurigen Texten von ihren zwei Alben folgen. "No Way Out" ist einer der wenigen Songs, der nicht vom verlassen und betrogenen werden handelt. Ein Höhepunkt ist das speziell arrangierte "Proud Mary", das mit einem coolen Intro mit elektrischer Gitarre startet. Ein oder zwei Up-tempo Songs mehr oder ein weiterer, dem Publikum bekannter Coversong wären wünschenswert gewesen. Trotz Nervosität bietet die sympathische Künstlerin gesanglich jedoch eine tolle Leistung. Julie Roberts beschliesst ihren Auftritt mit ihrer ersten Single "Break Down Here" und erfüllt nach der Zugabe am Bühnenrand geduldig alle Autogrammwünsche.

"Ich bin nun schon das fünfte Mal in der Schweiz", erklärt Rhonda Vincent. Sie fühle sich hier einfach wohl, fügt sie hinzu. Die Sängerin, Entertainerin und Multiinstrumentalistin stellt gleich zu Beginn ihre Bandmitglieder vor, welche alle eigene CD's aufgenommen und wie Rhonda selbst als Musiker unzählige Awards der IBMA eingeheimst haben. Die Bandmitglieder begleiten Rhonda nicht etwa im Hindergrund, sondern stehen öfters selbst im Rampenlicht. Allen voran der mehrfach ausgezeichnete Hunter Berry, ein Teufelsgeiger! Seine Fiddle-Soli werden vom Publikum mitten im Stück beklatscht und am Ende mit stehenden Ovationen geehrt. "Wir Künstler sind vor unserem Auftritt darauf vorbereitet worden, dass es nicht ganz einfach wäre, das Gstaader Publikum zu Begeisterungsstürmen hinzureissen", meinen Rhonda und Julie während der gemeinsamen Pressekonferenz, "und deshalb freut es uns sehr, dass das Publikum so gut mitgemacht hat". Gitarrist Josh Williams interpretiert Buck Owens "Streets of Bakersfield" und erntet dafür ebenfalls grossen Beifall. Mit "All American Bluegrass Girl" erzählt Rhonda ihre Lebensgeschichte, huldigt mit "Jolene" ihrem Vorbild Dolly Parton und bringt nebst vielen grossartigen Instrumentaleinlagen auch zwei Gospelsongs. "Orange Blossom Special" von Hunter Berry setzt diesem fantastischen Auftritt das i-Pünktchen auf. Rhonda Vincent & The Rage verdienen sowohl für die musikalische Qualität des Dargebotenen als auch für den Unterhaltungswert Höchstnoten.

6 Grammys, über ein Dutzend Nummer 1-Singles und 24 Millionen verkaufte Alben sprechen eine unmissverständliche Sprache: Hier kommt ein ganz Grosser! Anders als bei Rhonda Vincent wirkt die acht Mann starke Band eher aus dem Hindergrund heraus. Die Scheinwerfer sind mit wenigen Ausnahmen auf den Star gerichtet. "In erster Linie sehe ich mich als Musiker. Ich bin ein Sänger, der ab und zu einen Schauspielerjob macht", betont Randy Travis. Im eleganten, dunklen Westernanzug schlendert er gemächlich über die Bühne und führt uns mit bescheidenem Entertainment von einem Charthit zum nächsten: "Diggin' Up Bones", "On The Other Hand", "Forever and Ever Amen", "Honky Tonk Moon", "Too Gone Too Long", "He Walked On Water", "Three Wooden Crosses". Der Abend wäre zu kurz gewesen, um alle Hits zu singen "Wenn man das Glück hat, so lange im Musikgeschäft zu sein wie ich, hat man viele Platten aufgenommen", erklärt Randy und fügt schmunzelnd hinzu, "aber man wird auch älter". Nun, tatsächlich hat der gute Randy ein paar graue Härchen mehr an den Schläfen. Seine spezielle Stimme hat er jedoch nicht verloren. Wie alle Künstler des Abends versteht es auch Randy, eine gute Verbindung zum Publikum aufzubauen, welches ihm mit stehenden Ovationen dankt. Bei den Zugaben "Is it Still Over" und "Hard Rock Bottom of Your Heart" verteilt er während des Singens gar Autogramme und wird so ein Star zum Anfassen.
Das Jubiläum (12. bis 14. September 2008)
Nächstes Jahr feiert die Country Night Gstaad ihr 20-jähriges Bestehen. Mittels Fragebogen dürfen die Gäste eine Liste ihrer Wunschkandidaten aufstellen. Alan Jackson steht wohl bei vielen ganz oben auf der Liste. Marcel Bach hält sich bedeckt: "Wir sind schon mit einigen Künstlern in Verhandlungen". Die Organisatoren haben mit der diesjährigen, grossartigen 19. Country Night die Messlatte für das kommende Jubiläumsjahr auf jeden Fall sehr hoch angelegt.