Kris Kristofferson in Zürich: Ein Amerikaner, wie ihn die Welt sich wünschen würde

Kris Kristofferson ist längst zur Legende geworden, durch seine Lieder, seine Filme und seinen Standpunkt, der integer und überzeugend ist. Am Montag, den 05. März 2007 konnte man ihn und seine akustische Gitarre live erleben, und zwar im ausverkauften Kongresshaus im Zentrum von Zürich, das an den Festsaal einer Universität erinnert, gefühlte 2.000 Leute. Legere in edles schwarz gekleidet betritt er sportlich die Bühne, rank und schlank und im Gesicht das Augenzwinkern, das Souveränität und Integrität gleichermaßen ausstrahlt; Markenzeichen, auch mit 70.

Kristofferson live
Kris Kristofferson
Vom ersten Augenblick an kam durch das begrüßende Winken ein Gefühl auf, das etwas mit Aufbruchstimmung zu tun hat, ein Hauch von Freiheit, so wie sie die Gründungsväter der USA sich vorgestellt haben mussten. Mit gewohnt ungelenkiger, aber markanter Stimme und wirkungsvoller Gitarrenarbeit, bringt Kristofferson ein Programm, wie man es sich selbst hätte kaum besser zusammenstellen können. "Schön, in einem Land zu sein, das ausdrücklich nicht in den Krieg zieht", sagt er und singt "Me and Bobby McGee" und er fragt sich, was wohl sein Vater sagen würde, wenn er wüsste, wie sie heute seinen Traum vom (Zusammen)leben auf den Kopf gestellt haben. Obwohl diese, seine formulierte Frage älter ist, als die Bush-Administration, ist natürlich diese Frage angesichts der derzeit amtierenden Machthaber in seinem Land aktueller denn je. Eindrucksvoll seine immer noch packende Geschichte in "Here Comes That Rainbow Again", in der er Ungerechtigkeit enttarnt und 2Help Me Make It Through The Night" gehört dazu, ebenso wie "Casey's Last Ride" und "Loving Her Was Easier".

Seinen zweiten Set eröffnet er mit "Just The Other Side of Nowhere", das Johnny Cash gecovert hat, ebenso wie "Sunday Morning Coming Down". "Es ist gefährlich, für den Frieden einzutreten", meint er im Hinblick auf das Schicksal von Ghandi und Dr. Martin Luther King, denen er "They Killed Him" gewidmet hat; Spirit, auch nach all den Jahren. Seine Geschichte aus Nashville in "To Beat The Devil" ist so aktuell wie vor 30 oder 40 Jahren, es gibt immer noch die Songschreiber mit dem "Hunger in der Seele", denen aber keiner zuhören möchte, weder die Leute und schon gar nicht das Establishment in Nashville. Nur wenige, aber sehr zutreffende Kommentare erlebt das Publikum, immer wieder "Thank You" nach den Liedern, Danke dafür, dass ihm doch so viele Leute seit Jahrzehnten zuhören. "Don't Let The Bastards Get You Down" lautet weiterhin die Botschaft. Geniale Poetik in "The Silver-Tongued Devil And I" wechselt sich mit klassischem Erfolgsgut ab, "For The Good Times". Auch die Zugaben werden zur überzeugenden Botschaft, die der Seele und dem Gewissen Heilung verschafft; Integration, man sollte sie pflegen.

Auch nach 40 Jahren im Geschäft strahlt Kris Kristofferson ein Prickeln aus, das Hoffnung gibt, Hoffnung auf Liebe statt Töten, auf ein besseres Verständnis unter den Menschen. Viele hören ihm schon zu, den Hunger in seiner Seele scheint er aber noch nicht ganz befriedigt zu haben, das ist wichtig, das ist ein Garant dafür, dass man ihn immer wieder hören mag. Da kommt in zwei Stunden so viel mehr rüber, als bei drei Sechsmannbands in sechs Stunden, die außer Lärm kaum etwas zu bieten haben; Prädikat: künstlerisch äußerst wertvoll, integer, Kris Kristofferson.


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