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Neil Young macht nach langer Pause wieder mal gemeinsame Sache mit seinen alten Kumpels von Crazy Horse. Eine gute Nachricht! Neil Young nimmt sich für das Album elf Titel aus dem Great American Songbook zur Brust - um angestaubte Klassiker mit neuem Esprit zu beleben. Weitere gute Nachricht! Neil Young spielt auf der CD Elektro-Gitarre. Die weniger gute Nachricht ...
Denn auch wenn der 66jährige Kanadier und Wahl-Kalifornier mit Stromgitarre Klassiker wie "Alabama" oder "Cortez the Killer" schuf - die meisten seiner zeitlos-schönen Songs, wie "The Needle And The Damage Done", "Out On The Weekend", entstanden auf und mit der Akustik-Klampfe. Okay, das wird der eine oder andere nicht gerne hören: aber an der E-Gitarre ist er technisch einfach recht limitiert. Seine Soli mögen voller Energie und Hingabe sein - meist aber sind sie zu lang und zu wenig abwechslungsreich. Klar, das ist, der Autor gibt es zu, natürlich reine Geschmackssache.
Wie ohnehin jede CD-Besprechung. So wird dem einen das nach lässiger, rotziger, unverkrampfter Session klingende Intro von "Oh Susannah" das Herz erwärmen. Während es anderen eben zu lässig und zu rotzig daher kommt. Fest steht: sein geschrammelter Garagen-Rock wirkt auf das brave Lied Jahrgang 1847 wie eine Zeitmaschine. Sehr originell. Und nach mehreren Hörgängen entfaltet nicht nur dieser Track eine eigene Magie.
Gut, Mister Young bearbeitet die E-Gitarre was das Zeug hält. Aber für diese alten Kamellen ist es wohl genau die richtige Behandlung. Immerhin hat er für "Americana" legendäre Klassiker aus der Mottenkiste der amerikanischen Gründertage herausgekramt: "Clementine", "Tom Dula", "Gallows Pole", Woody Guthries "This Land Is Your Land" und sogar das im 18. Jahrhundert verfasste "God Save The Queen".
Neil Young, schon seit Jahrzehnten so etwas wie das schlechte Gewissen Amerikas, gelingt mit diesem Album erneut ein politischer Fingerzeig. Die Art und Weise wie er diese alten Protestsongs und Balladen interpretiert, lassen sich mühelos als Statement zur Lage der Nation deuten. Bestes Beispiel dafür bildet vielleicht das gelungene, mit Doo Wop-Gesang ausgestattete "Get A Job", 1957 ein Hit für The Silhouettes. Get a job - damit spricht Neil Young gerade jetzt Millionen von Amerikanern aus der Seele.
Seelenvoll sind natürlich auch Spiel und Zusammenspiel von Neil Young und seinen treuen Recken von Crazy Horse. "Americana" stellt im umfangreichen Backkatalog Youngs immerhin bereits die 17 Zusammenarbeit des notorischen Gegen-den-Stromschwimmers Young und den Herren um Drummer Ralph Molina und Bassist Billy Talbot dar. Was kann da musikalisch noch schief laufen? Eigentlich nichts mehr. Ihre locker aus den Ärmeln geschüttelten Rhythmen und Harmonie-Fundamente sind so robust und erdig gezimmert, dass Neil Young bei keinem musikalischen Ausfallschritt ins Straucheln kommt. Blindes Verständnis füreinander, für die Musik. Mit einfachsten Mitteln. Halb so schlimm, dass Neil Young die E-Gitarre nicht mehr los lässt ...
Fazit: Der Mann ist Kult. Die Band ist Kult - und ihre Zusammenarbeit seit jeher kultig und grandios. Das gilt, mit Einschränkung, auch für diese krachende Neubearbeitung alten Liedgutes.
Label: Reprise (Warner) | VÖ: 1. Juni 2012 |
Titelliste
01 | Oh Susannah | 07 | High Flyin' Bird |
02 | Clementine | 08 | Jesus' Chariot |
03 | Tom Dula | 09 | This Land Is Your Land |
04 | Gallows Pole | 10 | Wayfarin' Stranger |
05 | Get A Job | 11 | God Save The Queen |
06 | Travel On |