Die 25-Jährige aus der Kleinstadt Albemarle in North Carolina hat ein aufregendes Jahr 2011 hinter sich. Persönliches Top-Ereignis war dabei zweifelsfrei die Hochzeit mit Songwriter Kyle Jacobs. Mit ihm zusammen verfasste Kellie auch "Mother's Day", einen der insgesamt elf neuen Songs. Eine intensive und autobiographische Acoustic-Ballade, in der die Sängerin ihre Gedanken zum Muttertag zum Ausdruck bringt, der - wirft man einen Blick auf ihre Biografie - alles andere als ein Feiertag für Kellie ist. Berührend und schön zugleich.
Insgesamt war die Blondine an der Entstehung von sechs Songs beteiligt. Das schlägt sich durchaus in den Inhalten wieder. So ist der offene Brief an ihren Vater ("The Letter"), der lange mit seiner Alkoholsucht zu kämpfen hatte, ein weiterer, sehr persönlicher Song.
Schnellere Lieder für den Einsatz im Radio hat die ehemalige High School Beauty Queen natürlich auch mit an Bord. Im Gegensatz aber zu einigen früheren, manchmal sehr simpel gestrickten Stücken, dominieren hier öfter satte Countryklänge. Bestes Beispiel dafür ist der kesse Opener "Where's Tammy Wynette". Ein hochwertiger und mitreißender Countrysong aus der Feder von Leslie Satcher, Don Poythress und Jimmy Ritchey. Hier wird sofort hörbar, dass Kellie und ihre Produzenten Frank Lidell und Luke Wooten für die Aufnahmen wieder einige der besten Studio-Cracks angeheuert haben. So mischt neben vielen alten Bekannten Paul Franklin an der Steel Guitar mit, der mit seinen flinken Fingern schon Alben von Shania Twain, George Strait, Alan Jackson oder Reba veredelt hat.
Ein weiteres Beispiel für perfektes Pedal Steel-Spiel findet sich im sehr traditionell angelegten "Stop Cheatin'On Me". Der eingängige Song mit satter Fiddle, der inhaltlich hoffentlich nichts mit der Ehe der Sängerin zu tun hat, sollte es nicht schwer haben, sich in den Jukeboxen der Tanzbars zum Dauerbrenner zu entwickeln. Die wenigen, neuen Fotos im Booklett passen ebenfalls zur Musik. Nicht so künstlich, sondern eher natürlich zeigt sich die Sängerin darauf - obwohl sie immer noch eine Vorliebe für tiefe Dekolletés hat. Aber das hat der Karriere einer Dolly Parton auch nicht geschadet.
Schon im Sommer 2011 schickte Pickler mit "Tough" einen Vorboten der neuen Platte an die Stationen. Die rockige Nummer schaffte es immerhin bis auf Platz 30 in den Country Charts - und zeigt, dass Kellie viel Energie in ihrer Stimme hat, und sich so selbst in einem lauteren Umfeld behaupten kann. Überhaupt klingt die Stimme ausgeglichener. Lediglich der weinerlich schräge Refrain bei "Long As I Never See You Again" nervt ein wenig. Dagegen dürfte das pumpende "Unlock That Honky Tonk" ein Kandidat für eine weitere Singe sein.
Nach den weniger eindrucksvollen Songs "Turn On The Radio And Dance" und "Rockaway" zieht Pickler mit dem fetzigen und mit flottem Banjo-Spiel angereicherten "Little House On The Highway" das Tempo gegen Ende der 35 Minuten noch einmal an. Selten hat sich ihre Stimme in rockigen Gefilden so wohl gefühlt.
Fazit: Die Zeiten von Bubblegum-Country scheinen vorbei - Kellie Pickler zeigt sich von ihrer reiferen Seite und liefert ein Album ab, auf dem auch Fans traditioneller Töne einiges geboten bekommen.
Label: BNA (Sony) | VÖ: 20. Januar 2012 |
Titelliste
01 | Where's Tammy Wynette | 07 | Mother's Day |
02 | Unlock That Honky Tonk | 08 | Rockaway (The Rockin' Chair Song) |
03 | Stop Cheatin' On Me | 09 | Little House On The Highway |
04 | Long As I Never See You Again | 10 | 100 Proof |
05 | Tough | 11 | The Letter (to Daddy) |
06 | Turn On The Radio And Dance |