Dieses launige Geplaudere über Song-Hintergründe und Band-Interna gehört zum Format der VH1-Reihe "Storytellers". Na ja, und die Schwestern Emily Robison und Martie Maguire sowie Natalie Maines - die drei The Chicks - haben natürlich so manche Story auf Lager. Immerhin wurde das Trio erst so richtig bekannt, nachdem Lead-Sängerin Natalie Maines bei einem Konzert 2003 in London ordentlich über den damaligen Präsidenten George W. Bush abgeledert hat. Die Konsequenzen - CD-Vernichtungen, Radio-Boykott, Morddrohungen - markieren ein dunkles Kapitel der jüngeren Country-Geschichte.
Trotz vieler Repressalien konnte die Band aber auch in 2006 auf eine treue und begeisterungsfähige Fangemeinde zählen, wie dieser Mitschnitt beweist. Die The Chicks wissen das offenbar zu würdigen und bieten eine erstklassige Show: Sie harmonieren gesanglich auf höchstem Niveau, sie knuddeln sich, werfen sich gegenseitig die Bälle zu, haben Spaß. Dennoch fällt auf: Das rhetorische Storytelling ist ihre Sache nicht. Vor allem Natalie Maines, offenbar gehörig nervös, kommt um einen guten Tick zu aufgekratzt, zu angestrengt witzig daher. Sie plaudert scheinbar auch den beiden Schwestern bisweilen zu viel, so setzt es zwischendrin schon mal die Ermahnung von Martie "let's do the next song". Dass Maines immer wieder einen Schluck aus einer Papier umwickelten Buddel nimmt, macht die Sache auch nicht besser.
Wenn es aber um die Musik geht, sind die drei Ladies aus Texas eine Klasse für sich. Ihr Satzgesang: erste Sahne. Die Instrumentierung an Fiddle, Gitarre, Banjo: perfekt. Vor allem die erste Hälfte der DVD besticht durch grandios interpretierte Songs: das rockige "The Long Way Around", das ebenfalls temperamentvolle "Truth No. 2", die schöne, Maines verstorbener Oma gewidmete Ballade "Silent House" und das hübsche, gemeinsam mit Marcus Hummon entstandene "Cowboy Take Me Away" stehen für wundervollen Country-Rock/Pop. Die Mädels singen wie Prärieköniginnen, die Band macht Druck wenn es sein muss und hält sich in den ruhigen Passagen vorbildlich zurück. In den leiseren Songs kommen ihre stimmlichen Qualitäten natürlich besonders gut zur Geltung. Deshalb setzen Titel wie "Not Ready to Make Nice", "Lullaby" und "Easy Silence" die Höhepunkte. Wie deftig die Texanerinnen aber auch abrocken können, stellen sie mit dem kessen "Lubbock Or Leave It" unter Beweis. Trotz hohen Energieaufwandes, nur ein, sagen wir mal, nice to have. Dass Natalie Maines in dem Track immer lauter und lauter wird, könnte dieser ominösen, mit Papier umwickelten Pulle geschuldet sein.
Fazit: Nüchtern betrachtet, bieten The Chicks in manchen Songs schlichtweg grandiosen Country und Country-Pop/Rock. Auf das viele Bla-Bla zwischen den Titeln könnte man aber gerne verzichten.
01 | The Long Way Around |
02 | Truth No. 2 |
03 | Silent House |
04 | Cowboy Take Me Away |
05 | Lullaby (Erstveröffentlichung) |
06 | Lubbock or Leave it |
07 | Not ready to Make Nice |
08 | Easy Silence (Erstveröffentlichung) |
09 | So Hard (Erstveröffentlichung) |
10 | Wide Open Spaces |
11 | Sin Wagon |