Gefühlvoll und besinnlich beginnt das Album auch mit der Liebesballade "Wenn du bei mir bist". In "Wenn schon Musik" folgt sogleich die nächste Liebeserklärung: An den Klang der Gitarren. Mit typischem Wortwitz huldigt er seinem Instrument: "Keiner der fiedelt, jodelt, dudelt, bitte nein! Wenn schon Musik, dann muss es ein Gitarrenspieler sein!" Diese Liebe zu seinem Beruf und Instrument findet sich auch im musikalisch mittelalterlich angehauchten "Spielmann". Wie aus einem Dialog mit dem Vater verteidigt der wandernde Musiker seine Passion. Auf Fragen wie "Reinhard, Reinhard was soll nun aus dir werden?", antwortet er stets mit einem "Spielmann will ich sein bis zum Tag des Jüngsten Gerichts!".
Einen besonders tiefen Einblick in die persönlichen Gefühle und sein Leben gewährt Mey in den Liedern über seine Familie. Wie ein Wiegenlied anmutend, widmet sich "Fahr' dein Schiffchen durch ein Meer von Kerzen" der Liebe und Wünsche eines Großvaters an seinen Enkel. Mit wunderschönen Harmonien auf charakteristische Weise zerlegt, stellt er mit "Vaters Mantel" eine Verbindung der Generationen her.
Das Bild des Fliegers kehrt bei Reinhard Mey immer wieder, nicht nur bei seinem wohl bekanntesten Hit "Über den Wolken". "Vater und Sohn" beschreibt andächtig den Wandel der Vater-Sohn-Beziehung verbunden mit Meys großer Liebe zur Fliegerei. Seiner Tochter widmet er das Lied "Spangen und Schleifen und Bänder", in dem er augenzwinkernd seinen eigenen väterlichen Beschützerinstinkt reflektiert. Seine erwachsenen Kinder ziehen zu lassen, ist auch das Thema von "Lass nun ruhig los das Ruder". Das emotionalste Lied auf diesem Album "Dann mach’s gut" richtet sich an seinen Sohn, der 2009 ins Wachkoma fiel. Mit seinem Gesang, dem Gitarrenspiel und asiatischem Flötenklang transportiert Mey eine tiefemotional berührende Stimmung, die nahezu jeden Hörer mit den Tränen ringen lässt.
Nicht nur seiner Familie hat er Lieder auf diesem Album gewidmet. Mit leichter Karibikstimmung besingt Mey in "Wolle" in einer Hommage die Karriere von Wolfgang Petry, gespickt mit kleinen Seitenhieben für die Musikindustrie. Natürlich darf auf einem Reinhard Mey Album die Gesellschaftskritik nicht fehlen. Diese verpackt er spielerisch in den Liedern "Lieber kleiner Silvestertag" und "Gute Kühe kommen in den Himmel". Bei letzterem prangert er mit Country-Sound die Missstände in der Massentierhaltung an. In "Tiergarten" hingegen singt der Naturfreund zusammen mit einem Kinderchor über seine Vorstellung des heimischen Gartenidylls. Die Attitüde des Genussmenschen und Genießers Mey kommt auch wunderschön in "Alter Freund" zum Ausdruck - eine Ode an den Wein, ohne dabei zum Trinkerlied zu verkommen. Im nachfolgenden Lied "Taschentuch" versteht es Mey aus der Banalität des besungenen Gegenstands ein Lied zu formen, welches in wunderschöner Art zeigt, dass alle Menschen Gemeinsamkeiten haben.
Den Abschluss des Albums bilden zwei Coversongs: ein fast schon gehauchte Version des Antikriegsliedes "Es ist an der Zeit" von Hannes Wader und das italienische und mit Akkordeon begleitete "Sally" von Fabrizio De André.
Fazit: "dann mach’s gut" von Reinhard Mey ist kein Album für zwischendurch. Vielmehr lädt dieses persönliche und emotionale Machwerk dazu ein, innezuhalten, nachzudenken, zu reflektieren und auch zu schmachten - vielleicht auch mit einem Glas Wein. Große Liedermacherkunst wie sie nur von Reinhard Mey stammen kann.
Label: Odeon / Elektrola (Universal) | VÖ: 3. Mai 2013 |
01 | Wenn Du bei mir bist |
02 | Wenn schon Musik |
03 | Fahr Dein Schiffchen durch ein Meer von Kerzen |
04 | Vaters Mantel |
05 | Vater und Sohn |
06 | Wolle |
07 | Spielmann |
08 | Lieber kleiner Silvestertag |
09 | Alter Freund |
10 | Das Taschentuch |
11 | Tiergarten |
12 | Gute Kühe kommen in den Himmel |
13 | Spangen und Schleifen und Bänder |
14 | Dann mach's gut |
15 | Lass nun ruhig los das Ruder |
16 | Es ist an der Zeit |
17 | Sally |