Eine Zusammenfassung der bisherigen Erfolgsstory der Taylor Swift ist in Kurzform an dieser Stelle kaum mehr möglich. Taylor Swift ist mit 22 Millionen Album-Verkäufen und über 50 Millionen Song Downloads eine der erfolgreichsten Musikerinnen aller Zeiten. So ist dazu der einzige weibliche Popstar, der wie die Legenden á la Beatles, Michael Jackson und Rolling Stones drei Nr.1 Alben in Folge veröffentlichte und von jedem über fünf Millionen Einheiten verkaufte. Sechs Grammys hat die Blondine schon zu Hause stehen und ist die jüngste Gewinnerin des "Album of The Year" in der Geschichte der Grammy Awards. Das "Time Magazine" nannte sie eine der 100 einflussreichsten Frauen weltweit.
Da stellt sich die Frage, ob es für eine Trendsetterin ratsam ist, weiterhin auf Country zu setzten? Beim ersten Vorgeschmack klingt Swift zumindest eher nach einem der austauschbaren Darlings aus dem Disney-Channel. Es wäre aber zu einfach, nach "We Are Never Ever Getting Back Together" voreilige Schlüsse zu ziehen. Wie bekennt Swift doch in einem Interview zur neuen Platte: "Ich fühle, dass meine Musik in viele Richtungen geht. Es fällt mir schwer, einen Stempel auf die Art der Entwicklung zu setzten, aber ich finde Entwicklungen grundsätzlich gut. Ich mag es eben, mit vielen verschiedenen Farben zu malen."
"State of Grace" stellt den Auftakt der 16 Nummern auf der regulären Version der CD dar. Hier scheint es, als habe Taylor Swift eine Reise in die Zeit vor ihrer Geburt unternommen, denn der Sound erinnert am ehesten an U2. Eine rockige Nummer mit auffälligen Drums und kraftvollen Gitarren. Der folgende Titeltrack "Red" erinnert zum Großteil an die bekannte Swift. Der Refrain mit dem interpunktiert gesungenen "R-r-red" ist zunächst etwas ungewöhnlich, aber insgesamt ist das Stück schon ein (moderner) Hit.
Für Swifts neu entdeckte Experimentierfreude steht unter anderem "I Knew You Were Trouble". Nach einem relativ harmlosen Auftakt explodiert die Nummer nach einer Minute in einem bassgewaltigen Dubstep-Sound, der Country-Fans glatt den Stetson vom Kopf bläst. Auf der andern Seite ist die Nummer ziemlich catchy und dürfte bei der nächsten Teenie-Disco für eine volle Tanzfläche garantieren. Mit reichlich modernen Beats kommt auch "22" daher. Hier erinnert Swift vom Gesangsstil her an eine aufgepoppte Avril Lavigne - keine Frage, die Jugend wird die fröhliche Party-Nummer lieben. Beide Songs schrieb Swift zusammen mit dem schwedischen Produzenten Max Martin, der sich in Sachen tanzbarer Popklänge durch seine Arbeiten für Britney Spears, Katy Perry, Tiao Kruz oder Pink bestens auskennt. Insgesamt wurde Swift von sage und schreibe neun Experten bei der Produktion unterstützt. Die Aufnahmen fanden nicht nur in Nashville, sondern auch in Stockholm, Los Angeles oder Hollywood statt.
Taylor Swift schlägt mit ihren 22 Jahren aber auch leisere Töne an. "I Almost Do" ist ein Song, der - nah am Country - ohne Probleme auf das Album "Fearless" gepasst hätte. Die von Nathan Chapman produzierte Mid-Tempo-Ballade auf acoustic-Basis bietet der Stammhörerschaft zwar nichts neues, ist aber dennoch schön anzuhören. Mit Liz Rose, mit der Swift schon seit ihrem Debüt gemeinsam Songs schreibt, verfasste Swift die Power-Ballade "All to Well". Eine typische Swift-Nummer, über eine Romanze, die anscheinend in Vergessenheit geraten ist. Ihre stimmlich gefühlvollste Leistung erbringt die Sängerin bei "Sad Beautiful Tragic" - einem traurigen Slow-Dance, der seinem Titel alle Ehre macht.
Der von einer Ukulele angetriebene "Stay Stay Stay" ist simpel strukturiert, aber ihre mädchenhafte Stimme verbreitet mal wieder gute Laune. Inhaltlich nimmt sie dabei auch ihr eigenes, ungezogenes Verhalten auf die Schippe: "I'm pretty sure we almost broke up last night. I threw my phone across the room at you ... but you stayed" (Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns letzte Nacht fast getrennt haben. Ich habe mein Telefon durch den Raum hinter dir hergeworfen...aber du bist geblieben). "Holy Ground" geht die Sache wieder etwas rockiger an - trotzdem hätte dem Song etwas mehr Country-Imput nicht geschadet. Den gibt es dann aber zum Finale. "Begin Again" bietet wieder klassischen Swift-Balladen-Sound mit Steel Guitar und träumerisch schöner Mandolinen-Einlage.
Sechs weitere Titel sind auf der Deluxe-Edition von "Red" zu finden. Neben zwei überflüssigen Demoversionen und einer acoustic-Fassung von "State of Grace" gibt es drei weitere Tracks, aber unaufregend bleiben.
Fazit: Mit einer ganzen Armada von Produzenten im Rücken legt Taylor Swift ihr bisher vielseitigstes Album vor. Dass der Country-Einfluss dabei weniger stark zur Geltung kommt, war zu erwarten. Dazu gibt es - zieht man die Bonus-CD hinzu - unter den 22 Tracks mehr Füller als gewohnt.
Label: Big Machine (Universal) | VÖ: 26. Oktober 2012 |
Titelliste CD1
Titelliste CD2
01 | State of Grace | 09 | Stay Stay Stay |
02 | Red | 10 | The Last Time (mit Gary Lightbody) |
03 | Treacherous | 11 | Holy Ground |
04 | I Knew You Were Trouble | 12 | Sad Beautiful Tragic |
05 | All Too Well | 13 | The Lucky One |
06 | 22 | 14 | Everything Has Changed (mit Ed Sheeran) |
07 | I Almost Do | 15 | Starlight |
08 | We Are Never Ever Getting Back Together | 16 | Begin Again |
01 | The Moment I Knew | 04 | Treacherous (Original Demo Recording) |
02 | Come Back Be Here | 05 | Red (Original Demo Recording) |
03 | Girl At Home | 06 | HoState of Grace (Acoustic Version) |