Jedenfalls könnte man den optischen Auftritt als Statement betrachten und Rückschlüsse auf die Musik ziehen. Und: ja, Lee Brice ist wesentlich rockiger geworden. Doch: zum Vorteil reicht ihm dieser Kursschwenk nicht. Das liegt jedoch weniger am härteren Sound, sondern an den häufig sehr einfallslos gestrickten Songs.
Songs von der Stange
Bereits der Opener und Titeltrack liefert dafür ein gutes Beispiel ab. Ein Song von der Stange. Nett, ordentlich, sogar recht originelle Lyrics (von Billy Montana), leider aber auch ohne zwingender Melodie. Das nachfolgende, erfreulich ruhige "A Woman Like You" fällt stärker aus. Bei den anschließenden drei Titeln war der aus South Carolina stammende ehemalige Footballer als Co-Autor jeweils beteiligt. Das ehrt ihn. Doch trotz Beteiligung prominenter Co-Autoren kommt nur 08/15-Kost heraus: "That's When You Know It's Over" geht mit einem U2-typischen Gitarren-Riff los und serviert später die üblichen Harmonien, Melodien, Rhythmen und Arrangements; gleiches gilt für "Don't Believe Everything You Think". Genauso wenig originell, dafür noch um einen guten Tick platter und plakativer kommt "Parking Lot Party" daher - ein, der Titel sagt's - Party-Song mit den Tausendfach gehörten Text- und Gut-Drauf-Melodie-Schablonen. Neben dem Interpreten hat unter anderen Rhett Atkins an diesem CD-Tiefpunkt mitgeschrieben.
Gegen Mitte der 13 Titel starken CD setzt der kernige Knabe dann doch ein paar positive Akzente: mit der pathetischen Ballade "I Drive Your Truck" zum Beispiel und - vor allem - mit dem in seiner lässigen Unangestrengtheit an Tim McGraw erinnernden Country-Blues "See About A Girl". Na also, freut sich der gewogene Hörer, geht doch ... Vor allem, da Lee Brice den Song gemeinsam mit Phillip Lammonds und Co-Produzent Kyle Jacobs geschrieben hat.
Dem Glanzpunkt folgt aber leider ein weitere musikalischer Tiefschlag: "Friends We Don't Forget" ist ein lärmiger Rocker, den man schneller vergessen als gehört hat. Nicht viel besser fällt "Seven Days A Thousand Times" aus - eine pathetische Rock-Ballade, die Bon Jovi gut zu Gesicht stehen würde.
Wie sehr der cool posierende Sänger und Songschreiber die Genre-Klischees strapaziert, wird dann auch noch in "Beer" deutlich. Eine kleine Hymne an den Gerstensaft - leider unter Missachtung des Country-Reinheits-Gebots gebraute Rock-Plörre.
Mit dem letzten Titel "One More Day" deutet Lee Brice immerhin noch sein Potential an. In dem akustischen, nur sparsam arrangierten Titel zeigt er, dass er kleine Songs mit großer Stimme veredeln kann. Schade, dass er das auf diesem Album nicht öfters gemacht hat.
Fazit: Schiebermütze statt Stetson - Lee Brice setzt auf seinem zweiten Album ganz klar auf Rock. Leider fehlen ihm zündende Songs.
Label: Curb (in Deutschland nicht veröffentlicht) | VÖ: 24. April 2012 |
01 | Hard to Love |
02 | A Woman Like You |
03 | That's When You Know It's Over |
04 | Parking Lot Party |
05 | Don't Believe Everything You Think |
06 | I Drive Your Truck |
07 | See About a Girl |
08 | Friends We Won't Forget |
09 | Life Off My Years |
10 | Seven Days a Thousand Times |
11 | Beer |
12 | That Way Again |
13 | One More Day |