Dabei ist der aus Tennessee stammende Sänger und Songschreiber in mehrfacher Hinsicht ein Veteran: Er diente bei der US-Army und auch in Nashville zählt er mit einer rund zwölfjährigen Karriere bereits zu den verdienten Etablierten der Music Row. "This Ole Boy" ist auch schon sein sechstes Album, eine Compilation nicht mitgerechnet.
Andererseits hat er sich für diesen gemeinsam mit Phil O'Donnell selbst produzierten Tonträger ganz schön Zeit gelassen. Sein letztes Studio-Album "That's Why" datiert auf das Jahr 2008. Viel Zeit, vielleicht sogar zu viel Zeit. Denn auch in Nashville dreht sich das Karrierekarussell immer schneller und schneller. Acts kommen und gehen, das Vergessen ist beschleunigt.
Vielleicht aber fehlt der CD einfach das gewisse Etwas, das Spezielle. Klar, er liefert ein Dutzend ordentlicher Songs ab. Höchst professionell. Die besten und erfolgreichsten Songautoren standen ihm zur Seite, die besten und virtuosesten Musiker der Stadt griffen in die Saiten und rührten die Felle. Das alles heißt: nichts. Denn es ist einfach mittlerweile Standard, dass Craig Wiseman und Dallas Davidson mitkomponieren, Shannon Forrest groovt und Adam Shoenfeld Riffs beisteuert. Was hebt ihn also aus der Masse hervor?
Gute Frage, schwere Frage. Die Stimme könnte man anführen. Er hat tatsächlich ein formbares, elastisches Organ, das für rührende, romantische Erinnerungen wie "The Whole World Needs A Kitchen" genauso geeignet erscheint, wie für hemdsärmelige, an Trace Adkins/Toby Keith-erinnernde Countryrocker wie "Show Me Your Tattoo". Macht sich der vierfache Vater in balladeske Gefilde auf, erstrahlt sein Tenor am besten, da erinnert er - großes Kompliment! - sogar an Ronnie Dunn. Nachzuprüfen ist dies neben der bereits erwähnten romantischen Erinnerung "The Whole World Needs A Kitchen", beim pathetischen "Love Loves A Long Night" und bei der Teenager-Erinnerung "Summer Moon".
Wie die meisten Nashville-Acts versucht auch Craig Morgan die gesamte Bandbreite zu liefern: Neben den typischen Balladen und Rockern streut er einen humpelnden Little-Feat-Southern-Rocker wie "Better Stories", soulige Elemente, jede Menge gute Laune im Shuffle-Groove (Titeltrack) und natürlich auch eine Prise Tradition ein ("Fish Weren't Bitin'"). Kann eigentlich nichts schief gehen, meint man. Doch wer die CD zwei Mal hört, kann sich - trotz sich durchaus einstellendem Hörspaß - an keinen Song mehr so richtig erinnern.
Fazit: Hohes Level, aber auch reichlich Retorte. Der Ole Boy wollte es allen Recht machen - und bleibt dabei leider etwas beliebig.
Label: Black River (in Deutschland nicht veröffentlicht) | VÖ: 28. Februar 2012 |
Titelliste
01 | This Ole Boy | 07 | Being Alive and Living |
02 | More Trucks Than Cars | 08 | Fish Weren't Bitin' |
03 | Whole World Needs a Kitchen | 09 | Better Stories |
04 | Country Boys | 10 | I Didn't Drink |
05 | Show Me Your Tattoo | 11 | Corn Star |
06 | Love Loves a Long Night | 12 | Summer Moon |