Während der Opener "Too Hot to Handle" noch einen unsicheren Weg zwischen Rock und Country beschreitet, zwischen kraftvollem Banjo und beschwingter Fiddle, ist "Alive And Kickin'" die erste Ohrwurm-Nummer des Albums. Den Refrain kann man eigentlich schon nach dem ersten Hören mitsingen, der geht ins Ohr und will nicht mehr raus. Brillant! Davon gibt es noch einige mehr zu hören auf diesem Silberling. Das setzt sich schon, etwas traditioneller, fort mit "I Forgot to Forget". Hier swingt der Sound, ist eingängig, aber auch konservativ.
In "Blue Water" geht es noch etwas melancholischer zu. Die von John Adam Murph und Karen Staley geschriebene Ballade, in der der Sänger einer verlorenen Liebe nachtrauert, wurde in eine schaurig-traurige, aber schöne Melodie gepackt. Wenn man daraus etwas mit nimmt: Man kann zwar auf den Ozean starren, um zu vergessen, aber eine Flasche Whiskey hilft auch… Überhaupt: Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden in den 14 neuen Liedern oft thematisiert. Auch in "Wild Lady" - über die Sehnsucht zu einer wunderschönen Frau. Musikalisch ist hier besonders die Flöte eine interessante Farbe, der irische Sound lässt Bilder von Wildheit und rauer Romantik entstehen. Man ist hin und her gerissen in der wohl nie endgültig stillbaren Sehnsucht, wahrscheinlich so, wie auch der Mann im Lied.
Mit "Halleluja" malen die CCB eine weitere Farbe auf ihre neue Scheibe: Cajun. Da schraubt sich die Stimmung schnell hoch beim Hören. Gute Laune Pur! Hallelujah - endlich Wochenende, Zeit die Bierdosen zu öffnen und die Arbeit hinter sich zu lassen. Wenn das keine Botschaft ist! Schon beim Zuhören im Wohnzimmer kommt soviel Freude auf, dass man es kaum erwarten kann, rauszugehen und zu feiern. Ein "Feier-Song" ist auch Robert Palmers "Bad Case of Loving You", der das Album abschließt. Auch diese einzige Coverversion reiht sich nahtlos ein in den bewährten Sound der Band. Während bei Palmer der straighte Rock dominiert, ist hier nun eine Linedance-fähige Country-Version entstanden.
Zum Songschreiben zog sich die Band an die einsame dänische Küste zurück. Das musste zwangsläufig auch thematisch in das neue Album einfließen, wie der Titel "Sortsö Gab" zeigt. Sortsö Gab ist ein Meeresgraben, der sich unweit der Hütte befindet, in der die Cripple Creek Band während ihres Aufenthaltes logierte. Laut Überlieferung erzählte der Besitzer der Hütte den Musikern jede Menge Geschichten über diesen Ort, so dass die ihm mit dem Instrumental ein musikalisches Denkmal setzten. Der Kampf Fiddle gegen Telecaster geht unentschieden aus, ist aber für die Ohren ein Genuss.
Auffallend ist: Die Cripple Creek Band verharrt nicht im starren Country-Korsett, sondern bricht es musikalisch auf in verschiedene Richtungen. Das entspricht durchaus (den nicht ganz neuen) internationalen Trends. Die jungen Wilden Nashvilles lassen sich eben nicht reduzieren auf Fiddle und Steel, sondern benutzen auch rockende Gitarren und grummelnde Bässe, dazu ein Banjo oder eine Harmonika, auch mal die Hammond. Das hat auch die deutsche Band, die hier so international klingt, für sich adaptiert. Und das wird sie auch wieder einmal über die deutschen Landesgrenzen hinaus Anerkennung finden lassen. Nicht nur die stimmigen Kompositionen, auch die wechselnden Sänger machen diese Platte so abwechslungsreich. Mit Jason Garner schließlich fanden sie einen versierten Mann hinter den Reglern, der dem Album in Nashville, Tennessee, den letzten Schliff gab.
Fazit: Das Warten auf "Still Alive And Kickin'" hat sich auf jeden Fall gelohnt. Das Album zählt sicher zu den besten Produktionen einer deutschen Country-Band in diesem Jahr, und ist eine klare Empfehlung!
Label: Rockwerk (Eigenvertrieb) | VÖ: 4. Juni 2011 |
Titelliste
01 | Too Hot to Handle | 08 | Glass Heart |
02 | Alive And Kickin' | 09 | Sortso Gab |
03 | Forgot to Forget | 10 | Straight Whiskey Woman |
04 | Blue Water | 11 | Star of Mine |
05 | Wild Lady | 12 | Happy Hours In Heaven |
06 | Who What When | 13 | Hallelujah |
07 | Good Lookin Woman | 14 | Bad Case of Lovin You |