Wobei die in den 70ern gegründete und seit 1982 durch die Stimme von Gudrun Lange verstärkte Band mehr auf Pop als auf Country setzt. Zumindest auf dieser, von Klaus Löhmer und Andreas Melzer produzierten CD. Das war sicher nicht immer so. Schließlich kümmerten sich in den 90er Jahren auch mal Tom Astor und Tom Jeier um die Band; sie spielten in den USA und nahmen CDs in Nashville auf. 2002 kürte die German American Country MusicFederation (GACMF)Gudrun Lange zu besten Sängerin Deutschlands.
Das neue Album entstand nicht in Nashville, sondern in einem Studio in Wihl-Drabenderhöhe. Das ist schon ein Kontrast. Wenngleich auch die hier beteiligten Musiker ihr Handwerk absolut verstehen- so richtig Country-Flair will sich nur selten einstellen.
Am besten gelingt dies bei "Träume nicht von Memphis". Wen wundert's, schließlich handelt es sich bei dem Song um die eingedeutschte Version der Michael Anderson-Kompostion "Maybe It Was Memphis", ein Song, mit dem Pam Tillis einen Top-Hit landete.
Mit dieser songwriterischen Klasse können die Lange- und Kactus-Song-Sprößlinge freilich nicht mithalten. Die Titel sind dafür einfach- überspitzt formuliert- zu brav, zu gediegen, zu nett. Viele der Songs klingen nach Rhythmischer Messe, manches nach Beat Club und "Wohin die Sonne geht" erinnert an Reinhard Meys Ode an die Privatfliegerei "Über den Wolken". Der allzu brave Gesamteindruck zieht sich auch durch sämtliche Songinhalte: etwas anderes als eine positive Message ("Glücksstern", "Glaub' an dich selbst", "Sag' niemals nie") kommt Gudrun Lange nicht über die Lippen. Doch das ist auch OK. Schließlich gibt es genug Not und Elend und Sarkasmus auf dieser Welt. Und so ein gutmenschlicher Gegenpool zu Musikformen wie Gangsta-Rap und Death Metal sind allemal Balsam für Ohr und Seele.
Zumal Gudrun Lange immer noch über eine extrem frische und höchst angenehm zu hörende Stimme verfügt. Da sie bei vielen Tracks auch als Co-Autorin mitwirkte, kauft man ihr selbst die emphatischsten Interpretationen ab. Wenn schon nicht mit Emotionen gegeizt wird- mit Country-Anleihen spart die Formation. Neben ein paar Inhalten ("Und dann träum ich von Virginia") bleibt es oft einer schüchternen Harp überlassen, für Genre-Feeling zu sorgen. Mehr als eine kindertaugliche Bonanza-Wild-West-Atmo kann die Harmonika dem Ganzen allerdings auch nicht einhauchen.
Fazit: Mehr Pop und Schlager als Country. Sehr brav, sehr nett, aber auch sehr kompetent interpretiert. Allen voran die Stimme von Gudrun Lange. Für wen Countrymusic immer noch kernige, aufrechte Jungs am Lagerfeuer ist, für den haben sie die passenden Songs.
Label:MCP/VM (MCP) | VÖ: 6. Mai 2011 |
Titelliste
01 | Du und Ich | 07 | Träume nicht von Memphis |
02 | Glücksstern | 08 | Weil ich weiß, was ich will |
03 | Glaub' an dich selbst | 09 | Führ' mich nach Haus |
04 | Wohin die Sonne geht | 10 | Zauberpferd |
05 | Wenn du mich brauchst | 11 | Sag' niemals nie |
06 | Geh' | 12 | Und dann träum' ich von Virginia |