Mit "Blessed" legt die 2002 vom Time-Magazin als beste Songwriterin der USA gewählte Künstlerin nun ihr elftes Album vor. Es ist: typisch Lucinda Williams. Also: Ein tiefgründiger, häufig etwas sperriger, mit lakonischer, schnoddriger Stimme vorgetragener Mix aus Country, Folk und Alternative-Rock. Textlich ist Lucinda Williams - kein Wunder, bei diesen Genen - eine Klasse für sich. Alleine schon der Titelsong, der viel eher ein Gedicht als ein Lied ist und mit Zeilen wie diesen aufwartet: "we were blessed by the warrior, who didn’t need to win. We were blessed by the blind man, who could see for miles and miles". Nur noch Bob Dylan, mit dem sie auch auf Tour war, schreibt ähnlich poetische Song-Lyrik. Apropos Dylan. Gerade der Titeltrack erinnert mit lässigen Grooves und bluesigen Folk-Melodien stark an den großen Bob. Gegen Ende des über fünfminütigen Werkes, keine übertriebene Formulierung, denkt man aber unweigerlich an die guten, alten Grateful Dead: ein sessionhaftes Ending mit einem ganz im Stile von Jerry Garcia gehaltenen Gitarrensolo.
Ganz anders dagegen das anschließende "Sweet Love". Ein Song, aufs Wesentlichste reduziert: Laidback Groove, wehklagendes Akkordeon, lakonischer Gesang – alles ganz sparsam angelegt und trotzdem ganz große Stimmung erzeugend. In diesen ruhigen und verhaltenen Momenten läuft Williams ohnehin stets zur Höchstform auf. In Titel wie dem bluesigen "Ugly Truth", der Ballade "I Don’t Know How You’re Livin'" oder in dem – einer der stärksten Titel – das an "Wicked Game" von Chris Isaak denken lassende "Copenhagen". Im letztgenannten Track gestattet sie sich harmonisch immerhin Zugeständnisse an den Mainstream. Eine Ausnahme der CD.
Ansonsten schert sich die Widerborstige herzlich wenig um Standards und Regeln. Das belegen auch die teilweise ausufernd langen Songs: der erneut mit opulentem Gitarrensolo aufgeladene Blues von "Convince Me" dauert knapp, das anschließende elegische "Awakening" über sechs Minuten.
Dass Lucinda Williams auch einen Grammy als beste weibliche Rockinterpretin zu Hause in ihrer Vitrine stehen hat, unterstreicht sie mit einigen lärmenden Tracks – wie bei dem nicht nur vom Titel her düsteren "Seeing Black".
Dass Country allerdings hier eine Nebenrolle spielt, wird auch durch Produzent Don Was (u.a. Rolling Stones) und den Aufnahmen in Los Angeles klar. Zur illustren Gästeriege gehört übrigens auch Elvis Costello, was man durchaus auch als künstlerischen Ritterschlag deuten kann.
Fazit: Ein weiteres starkes und tief gehendes Album der Ausnahme-Songwriterin. Leider setzt sie in der Umsetzung nur selten auf Country-Noten.
Label: Lost Highway (Universal) | VÖ: 25. Februar 2011 |
Titelliste CD 1
Titelliste CD 2 (Deluxe Edition)
01 | Buttercup | 07 | Blessed |
02 | I Don't Know How You're Livin' | 08 | Sweet Love |
03 | Copenhagen | 09 | Ugly Truth |
04 | Born to Be Loved | 10 | Convince Me |
05 | Seeing Black | 11 | Awakening |
06 | Soldier's Song | 12 | Kiss Like Your Kiss |
01 | Buttercup (The Kitchen Tapes) | 07 | Blessed (The Kitchen Tapes) |
02 | I Don't Know How You're Livin' (The Kitchen Tapes) | 08 | Sweet Love (The Kitchen Tapes) |
03 | Copenhagen (The Kitchen Tapes) | 09 | Ugly Truth (The Kitchen Tapes) |
04 | Born To Be Loved (The Kitchen Tapes) | 10 | Convince Me (The Kitchen Tapes) |
05 | Seeing Black (The Kitchen Tapes) | 11 | Awakening (The Kitchen Tapes) |
06 | Soldier's Song (The Kitchen Tapes) | 12 | Kiss Like Your Kiss (The Kitchen Tapes) |