Pop also. Aber, und das ist die vielleicht noch schlechtere Nachricht als die Country-Abkehr: es ist nicht einmal richtig gut gemachter Pop. Den elf, in einem Studio in Atlanta – ohne jede Fiddle, Pedal-Steel-Guitar, Dobro & Co. – von Sugarland und Byron Gallimore produzierten Tracks mangelt es an zündenden Melodien, an griffigen Themen, an originellen Arrangements. Wer sich die CD durchhört, wird sich vermutlich nur mit größter Anstrengung an eine hinterlassene Melodielinie oder gar an einen ganzen Song erinnern können. Alles ist einfach viel zu simpel und zu oberflächlich effekthascherisch in Szene gesetzt.
Die allermeisten Titel haben Nettles und Bush im Alleingang geschrieben. Nur bei "Stuck Like Glue", bei dem ein munteres Akkordeon für dezentes Cajun-Feeling sorgen soll, mischten Kevin Griffin und Shy Carter als Co-Autoren mit. Beim nachfolgenden "Tonight" war nochmals Kevin Griffin mit von der Partie. Der Rest besorgte das Duo. Wieder: leider. Denn diese beiden genannten Titel sorgen bei diesem Fest der Beliebigkeit noch am ehesten für rare, halbwegs lichte Momente.
Die wenig schmeichelhaften Attribute "banal" und "beliebig" verdienen sich die meisten Tracks. Manch einer aber nicht mal das. Titel wie das lärmige, im Intro mit den gebrüllten "Hejos" an Harry Belafontes "Tchibo"-Werbung erinnernde "Wide Open" oder das nicht minder laute "Find The Beat Again" sind mit ihren Mitgröl-Refrains nur noch nervig. Jennifer Nettles mag ja über eine kräftige Stimme verfügen. Doch so in den Vordergrund gemischt und so in den Mittelpunkt von Songs gerückt, ist man über jede Gesangspause und Instrumentaleinlage nur noch dankbar. Diese bieten am Ende von "Wide Open" beispielsweise Drummer Travis McNabb mit stürmischen Fills, das von Kristian Bush ausnahmsweise gesungene Mini-Interlude des Titeltracks und das im Reggae-Groove gehaltene "Every Girl Like Me".
Alleine schon die Nennung dieser Titel lässt Tiefgang und Anspruch der beiden erkennen. Die Songs sind, da muss man weder Prophet noch Studio-Spion sein, im Schnelldurchlauf, vermutlich bei Sessions entstanden. Ein paar nette Riffs, eine geschmetterte Allerweltszeile, Drums, Bass und Keyboards dazu – fertig ist die CD. Die, traurig aber vermutlich unvermeidlich, dennoch viele Abnehmer finden wird. Vielleicht aber geht es dem einen oder anderen Sugarland-Fan wie dem Autor dieser Besprechung – und ist enttäuscht.
Fazit: Das Beste an der CD ist noch das Artwork: Ein lautes, nerviges Pop-Album, das – wenn es Gerechtigkeit gibt – die alten Fans verprellt und keine neuen Fans finden sollte. Im Vergleich zum wirklich starken Album "Love On The Inside" eine echte Enttäuschung.
Label: Mercury Nashville (Universal) | VÖ: 12. Oktober 2010 |
Titelliste CD
Links
01 | All We Are | 07 | Every Girl Like Me |
02 | Incredible Machine | 08 | Little Miss |
03 | Stuck Like Glue | 09 | Find The Beat Again |
04 | Tonight | 10 | Wide Open |
05 | Stand Up | 11 | Shine The Light |
06 | Incredible Machine (Interlude) |