Truck Stop - 6 Richtige

CD Cover: Truck Stop - 6 Richtige

Sie werden einfach nicht müde, die Herren um Cisco Berndt und Lucius Reichling. Und, wie das neue Album "6 Richtige" beweist, sie sind längst noch nicht satt oder gar gelangweilt von ihrem Sound. Ganz im Gegenteil, möchte man glatt sagen. Denn auf der von Volker Heitzen und Truck Stop produzierten CD (Executive Producer ist übrigens Jack White) zeigen sich die in die Jahre gekommenen Cowboys von der Waterkant weniger handzahm als auf ihren Vorgänger-Alben.

Vermutlich stinkt es den Cisco & Co. gewaltig, dass immer wieder an "deutschsprachiger Countrymusik" herumgenörgelt wird. Jetzt ledern sie zurück. Zum Beispiel in dem bluesigen "Ju kän Denglisch" in dem sie sich mit norddeutsch-spitzer Zunge über die Inflation an Anglizismen auslassen. Oder im Opener: "Was soll’n wir denn in Nashville". Hier brechen sie nicht nur eine Lanze für den deutschen Country-Sound. Sie machen sich darin auch über so manche deutschen Kollegen lustig, für die Nashville das Mekka und die dortigen Stars die höchst verehrten Helden sind.

Nein, da machen Truck Stop freilich nicht mit. Wenn Helden – dann kommt für sie nur Johnny Cash in Frage, dem sie in "Hello I’m Johnny Cash" eine weitere Würdigung zuteil werden lassen. Ganz nett, der Song, mit einigen Cash-typischen-Remeniszenzen. Textlich aber doch so manches Mal befremdlich. So bezeichnen sie Big-Johnnys Musik wegen der Snaredrum-Rim-Shots verwegen als "Tick-Tack-Sound". Nun ja ...

Wer Truck Stop mag, wird von dem neuen Album jedenfalls nicht enttäuscht sein. Die Songs sind durch die Bandbreite erdig und kompetent produziert und eingespielt. Und in den Texten transportiert der Sechser genau das Bild, das man von ihnen erwartet. Nur eben: ein bisschen polarisierender, ein bisschen mehr macho-mäßig. Bestes Beispiel für den gestiegenen Testosteron-Pegel bildet "Halt mal eben mein Bier". Ein Track, der kaum ein Klischee über "echte Männer" und Intellektuelle auslässt. Kleine Kostprobe: "Du bist zwar ein Studierter – doch was heißt das schon, drum geb‘ ich dir gratis – ‘ne kleine Lektion." Später im Refrain lassen sie dann verlautbaren: "Halt mal mein Bier. Und verschütt‘ bloß nix. Sonst gibt's was auf die Ohr’n, aber fix." Die etwas einfacher Gestrickten unter ihren Fans werden applaudieren.

Doch natürlich ist die Macho-Tour nur eine Facette der Band. So schlagen sie beispielsweise in "Es liegt in Menschenhand" ganz andere Töne und Inhalte an. Natürlich ist der Song von einem echten Protestlied immer noch so weit entfernt, wie Hamburg von Garmisch-Partenkirchen. Dennoch zeigen sich die hartgesottenen Kerle von Truck Stop hier mal von einer nachdenklichen Seite. Tenor: Not, Hunger und Kriege können nur "Hand in Hand" gelöst werden - musikalisch in schöne, balladeske Countryklänge verpackt.

Überhaupt fällt auf: Das neue Album "6 Richtige" setzt deutlich mehr auf soliden Country und Country-Rock/Pop, als es bei den letzten Truck Stop-CDs der Fall war. Schlager-typische Songs und Sounds lassen sich dagegen nicht mehr ausmachen. Das ist allemal eine gute Nachricht. Zumal sich die Herren mit Werner Becker, Nils Tuxen, Steve Baker und - als Nashville-Import - Larry Franklin eine ganze Riege virtuoser Gäste ins Studio geholt haben. Wer das Ergebnis hört, kann ihnen kaum widersprechen: "Was soll’n wir denn in Nashville". Sie verstehen das übrigens nicht als Frage, sondern als Statement.

Fazit: Vollbedienung für den Fan – mit jeder Menge Country- und Macho-Klischees. Aber auch mit so manch hintergründigem Song und vor allem: mit schlagerfreien Songs und Sounds. Selten war Truck Stop besser.

Label: Gloriella (Sony) VÖ: 17. September 2010
01 Was Soll'n Wir Denn In Nashville
02 Einfach Mal Nichts Tun
03 Halt Mal Eben Mein Bier
04 Hello I'm Johnny Cash
05 Ju Kän Denglisch
06 Freiheit Um Die Nase
07 Ein Cowboy Ohne Pferd
08 Rodeo
09 Es Liegt In Menschenhand
10 Ich Bin Wieder Frei
11 HH Für Hamburg
12 Sicherheitsgurt
13 Auf Dem Highway Der Gefühle
14 100.000 Kilometer
vgw
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