Tanya Tucker - My Turn

CD Cover: Tanya Tucker - My Turn
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Redaktionswertung Bewertung: 4,5 Sterne = sehr gut
Userwertung

"My Turn" nennt Tanya Tucker ihr erstes richtiges Studioalbum seit 2002. "Ich bin dran" – ein mutiger, entschlossener Titel, der nach Aufrichtigkeit und Selbstbewusstsein klingt. Und: ein passender Titel. Denn das von Pete Anderson (Dwight Yoakam) produzierte Album zeigt die Grande Dame Nashvilles von einer neuen/alten Seite: als stimmgewaltige, ungeschminkte Interpretin eines Dutzends Countryperlen. Vielleicht muss man dafür ein gewisses Alter erreichen. Ziemlich sicher sogar. Denn als junge Frau hatten die Plattenbosse für die 1958 im texanischen Seminole geborene Sängerin vor allem eine Rolle parat: die der Femme Fatale. Man steckte sie in knallenge Blusen, man trug knallfarbene Lippenstifte dick auf, türmte blonde Frisuren auf ... das volle Programm eines Country-Pinup also.

Mit knapp 52 Jahren ist Tanya Tucker dafür vielleicht noch nicht zu alt für diesen Promo-Käse – sie sieht immerhin noch höchst ansehnlich aus – bestimmt aber ist sie sich dafür mittlerweile zu schade. Genau genommen hätte sie diesen ganzen Klimbim ohnehin nie nötig gehabt. Denn stimmlich war sie seit Beginn ihrer Karriere in den frühen 70er Jahren auf Augenhöhe mit der Creme der Szene. Mit "My Turn" kann sie jetzt so manche ihrer Kolleginnen sogar überflügeln.

Das hat verschiedene Gründe. Zum einen erweist sich die Wahl von Pete Anderson als Produzent als höchst glücklich. Denn der superbe Gitarrist war und ist einerseits ein bekennender Traditionalist mit Hillbilly-Faible, andererseits ist der Mann für seine originellen Einfälle berühmt (bei konservativen Glaubensbrüdern auch berüchtigt).

Vermutlich darf man Anderson einige der höchst interessanten Coverversionen zuschreiben. Darunter: Don Gibsons "Oh, Lonesome Me", Eddy Arnolds "You Don’t Know Me" und Merle Haggards "Ramblin’ Fever" – echte Meilensteine des Genres, unzählige Male interpretiert. Dennoch gelingt es Tanya Tucker diesem Bodensatz des Country neue, erdige und tatsächlich auch frische Facetten abzugewinnen. Man nehme nur mal "Oh, Lonesome Me", ein Song Jahrgang 1957. Tanya Tucker und Pete Anderson verleihen dem herrlichen Countryrührstück eine muntere Frischzellentherapie – in Form eines famosen Tex-Mex-Arrangements. Wie gut sich Anderson auf diesen Sound versteht, hat er bereits 1995 auf Dwight Yoakam Meilenstein "Gone" mit dem unwiderstehlichen"Baby Why Not" gezeigt. Hier macht er es ähnlich: ein quietschfideles Akkordeon, akustische Instrumente und temperamentvoller Gesang. Das sind auch die Zutaten für "Love’s Gonna Live Here" und "Walk Through This World With Me".

Natürlich präsentiert Tanya Tucker auch wieder die eine oder andere Ballade. In dem gefühlvollen Terrain war sie seit jeher eine Klasse für sich. Heute aber, 37 Jahre nach ihrem Debüt, nach unzähligen Hits und Awards – aber auch nach Affären und Tiefschlägen – verleiht sie einer Ballade erst diese notwendige Tiefe und Eindringlichkeit. In Eddy Arnolds "You Don’t Know Me" etwa beleuchtet sie dunkle Momente einer unerwiderten Liebe so ergreifend authentisch, dass es der jungen Riege Nashvilles Tränen in die Augen treiben könnte. Weniger wegen Rührung. Sondern wegen des hier präsentierten schonungslosen Anschauungsunterrichts: So kann nur Lebenserfahrung klingen.

Fazit:
Tanya Tucker ungeschminkt und ganz an den Wurzeln der Countrymusik: Nie war sie besser!

Label: Ada/Time Life (Warner) VÖ: 03. Juli 2009

  • Titelliste

  • Links

01 Wine Me Up 07 A Thousand Ways
02 Lovesick Blues 08 Big Big Love
03 Loves Gonna Live Here (mit Jim Lauderdale) 09 Walk Through This World With Me
04 Crazy Arms 10 Oh, Lonesome Me
05 After The Fire Is Gone 11 You Don't Know Me
06 Is Anybody Going To San Antone? 12 Ramblin' Fever

vgw
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