2002, als Künstlerin "so um die Sechzig", befindet sich Dolly Parton inmitten eines späten Karrierehöhepunkts. 1999 veröffentlichte sie das Bluegrass-Album "The Grass Is Blue": Wer bis dahin glaubte, Dolly Parton-Hören, das sei wie das Gesicht in eine überzuckerte Sahnetorte zu stecken, der wurde eines besseren belehrt. Die Kritikerhäme wich ehrlicher Anerkennung und Parton legte noch zwei Alben nach: "Little Sparrows" und "Halos And Horns". Schön, dass es der schlanke Sound dieser Alben auch auf "Live And Well" geschafft hat: Zu weitestgehend akkustischen Arrangements singt Dolly Parton einige Highlights der erwähnten Bluegrass-Alben und natürlich die Welthits - mal zärtlich, mal schwungvoll und schnauzbärtig begleitet von Gary Davis and the Blueniques.
Dolly Parton wird nicht nur ihrem Ruf als exzellente Sängerin gerecht, sondern beweist sich auf "Live And Well" auch als mitreissende Entertainerin. Ihre Witzchen und Ansagen mögen einstudiert sein, sie verfehlen ihre Wirkung aber nicht. Parton schwelgt in Erinnerungen, bevor sie die eher autobiographischen Songs aus den 70er anstimmt, "Coat Of Many Colours" und natürlich "My Tennesse Mountain Home". Sie spielt im Laufe des Abends Tinwhistle, Mountain Dulcimer, Gitarre. Da schillern die Perlmuttbeschläge ihres Banjos mit den Glitzerapplikationen ihres weitausgeschnittenen Oberteils um die Wette. Da greift sie zur Mundharmonika und seufzt: "Die ruiniert einem den ganzen Lippenstift" und zum Schluss spielt sie gar auf ihren Fingernägeln. Sie weiß sich eben auch ein wenig selbstironisch zu inszenieren.
Dolly Parton singt neben dem Bluegrass-Songs ("The Grass Is Blue", "Little Sparrow") eine gesunde Auswahl ihrer größten Hits ("Jolene", "9 To 5"), bringt den Saal mit "Rocky Top" zum Beben und mit "Dagger Through The Heart" zum Seufzen. Eher pflichtbewusst verpackt sie "Islands In The Stream" oder "Why's Come In Here Lookin' Like That" in ein A Cappella-Medley. Während zwei der Finalsongs, "We Irish" und "I Will Always Love You" ein wenig sehr an die überzuckerte Dolly Parton gemahnen, überrascht sie nach dem wunderbaren Cover von Neil Youngs "After The Gold Rush" mit einem weiteren, erstaunlich gelungenen Cover: Sie singt Led Zepplins Über-Hymne "Stairway To Heaven". In einer Bluegrassversion, die ihre Countrygemeinde nicht überfordert und den Hardrockfan nicht beleidigt. Das ist wirklich eine große künstlerische Leistung.
Fazit: Bei bester Stimme und in exzellenter Entertainerinnen-Manier begeistert Dolly Parton auf der DVD "Live And Well" mit Songs aus ihrer langen Karriere. Allerdings haben die Jahre ihre Spuren bei der Künsterlin hinterlassen, die alle Schminke nicht übertünchen kann. Wer sich Dolly Parton vor dem geistigen Auge als junge Schönheit erhalten will, der greife vielleicht lieber zur parallel erscheinenden Doppel-CD. Die DVD "Live And Well" enthält neben dem Konzert keinerlei Extras.
Label: Dolly Parton Productions / Blue Eye / Sugar Hill | VÖ: 14. September 2004 |
Titelliste
Links
01 | Orange Blossom Special | 13 | Halos and Horns | ||
02 | Train, Train | 14 | I'm Gone | ||
03 | The Grass is Blue | 15 | Dagger Through The Heart | ||
04 | Mountain Angel | 16 | If | ||
05 | Shine | 17 | After The Gold Rush | ||
06 | Little Sparrow | 18 | 9 to 5 | ||
07 | Rocky Top | 19 | Jolene | ||
08 | My Tennessee Mountain Home | 20 |
A Cappella Medley - Islands in the Stream, Here You Come Again, Why'd You Come In Here Lookin' Like That, Two Doors Down | ||
09 | Coat of Many Colours | 21 | We Irish | ||
10 | Smokey Mountain Memories | 22 | Stairway to Heaven | ||
11 | Apple Jack | 23 | I Will Always Love You | ||
12 | Marry Me |