Noch mehr stellt man dann die Lauscher auf, hört man den Opener des jungen Trios: "Love Don't Live Here", entfernt an einen frühen Lyle Lovett erinnernd und auch die erste Singleauskopplung. Ein Titel, der Anspruch und Gefälligkeit, Unbeschwertheit und Tiefgang scheinbar mühelos auf einen Nenner bringt. Spätestens jetzt fragt man sich - wer sind diese drei von Lady Antebellum?
Der Stammbaum des Nashville-Trios verschafft Aufklärung. Während Hillary Scott die Tochter der 90er-Jahre-Country-Diva Linda Davis ist, kann Charles Kelley mit Josh Kelley einen prominenten Bruder vorweisen. Der dritte im Bunde, Dave Haywood, ist ein Schulfreund von Charles und ein talentierter Sänger und Gitarrist. Kollege Zufall war 2006 behilflich, als sich die Wege der Drei in einem Club Nashvilles kreuzten, kurz darauf schlug die Geburtsstunde von Lady Antebellum.
Schon in 2007 veröffentlichte die Band die oben erwähnte erste Single - und landete prompt einen veritablen Country-Hit: Immerhin sprang für die Eigenkomposition Platz 11 der amerikanischen Country-Charts heraus. Mit dem jetzt veröffentlichten Album wird der flotte Country-Pop-Dreier mit großer Wahrscheinlichkeit ein paar weitere Sprossen der Karriereleiter erklimmen. Schließlich bietet der Sound dieser Lady alle Zutaten, um in Nashville vorne mitzumischen: rockige, poppige Elemente, mehrheitsfähige Melodien, radiotaugliche Arrangements, starke Stimmen und - ähnlich wie bei Rascal Flatts - herrlich harmonierende Satzgesänge.
Kein Wunder, dass man sich deshalb im Verlauf der CD - trotz der Frauenquote bei Lady Antebellum -häufiger an Rascal Flatts erinnert fühlt. Am intensivsten bei der Pop-Perle "Love's Lookin Good on You" und auch bei der schwerblütigen Ballade "One Day You Will" zu Ende der CD könnten Jay DeMarcus & Co. Pate gestanden haben. Ein Abziehbild des aktuellen Country-Erfolgsmodells ist die kriegsbereite Lady allerdings beileibe nicht. Nicht nur, weil die Band mit der stimmlich an LeAnn Rimes erinnernden Hillary eine Frauenquote aufweisen kann. Sondern auch, weil - zum Glück? - Produzent Dann Huff hier nicht am Werke war, sondern die weniger erfolgreichen und dafür wesentlich hungrigeren und experimentierfreudigeren Paul Worley und Victoria Shaw. Doch auch dieses Produzententeam versteht sein Handwerk. Die Songs blitzen vor klangtechnischen Finessen, die Pop-Titel (z.B. "Lookin' for a Good Time", "Home Is Where the Heart Is", "I Run to You") sorgen für gute Laune, die Balladen gehen unter die Haut - und sorgen für die Glanzlichter der CD.
Da wäre zum Beispiel "All We'd Ever Need". Aus eigener Feder stammend, wie übrigens die meisten der Titel, brillieren in dem souligen Song Hillary und Charles als herausragendes Duett, ein fulminantes Gitarrensolo und ein wuchtiges Geigen-Stakkato sorgen für Gefühle im XXL-Format. Wer eine Ader für pathetische Momente hat, wird den Titel lieben. Bodenständiger aber um keinen Deut weniger berührend fällt "Things People Say" aus. Charles schlüpft dabei in die Cowboy-Boots von Tim McGraw und gibt den raukehligen, nachdenklichen Robust-Romantiker. Wow, keine schlechte Vorstellung ...
Fazit: Nostalgischer Name, moderner Sound. Das Trio mit Promi-Roots hat das Zeug zum Durchstarten. Ein mehr als respektables Debüt
Label: Capitol Nashville (in Deutschland nicht veröffentlicht) | VÖ: 15. April 2008 |
Titelliste
Links
01 | Love Don't Live Here | 07 | Home Is Where the Heart Is |
02 | Lockin' For a Good Time | 08 | Things People Say |
03 | All We'd Ever Need | 09 | Slow Down Sister |
04 | Long Gone | 10 | Can't Take My Eyes off You |
05 | I Run to You | 11 | One day You Will |
06 | Love's Lookin' Good on You |