In "Walk Hard: Die Dewey Cox Story" wird der Film "Walk the Line" auf die Schippe genommen
Kommt Ihnen das bekannt vor? Ein Musiker stützt sich gedankenversunken im Backstage-Bereich an eine Wand, getaucht in bläuliches Licht. Der Lärmpegel des Auditoriums ist infernalisch. Der Veranstalter wird nervös, doch Dewey Cox' Vertrauter besänftigt ihn, ehrfurchtsvoll flüsternd: Mr. Cox könne nicht auftreten, so lange nicht sein ganzes Leben an ihm vorbeigezogen sei. Dann folgt eine nostalgische Rückblende ins ländliche Amerika... Schon die ersten Minuten machen klar: "Walk Hard" ist eine freche Parodie auf die Mechanismen typischer Biopics im Allgemeinen und "Walk the Line" im Besonderen.
Freche Parodie
Der nostalgisch verklärte Blick wird sofort empfindlich gestört: Der kleine Dewey hackt bei einem Macheten-Spiel seinen vergötterten Bruder versehentlich in zwei Teile, verliert durch den Schock jeglichen Geruchssinn und sein Vater murmelt den ganzen Film über nur noch mürrisch: "The wrong kid died". Da bleibt einem Sensibelchen gar nichts anderes übrig, als die Schuldgefühle durch Musik zu verarbeiten und zum erfolgreichsten (Country-)Rockstar aller Zeiten aufzusteigen. Man merkt schon, es sind teilweise nicht gerade subtile Gags, mit denen der Zuschauer hier bombardiert wird. Aber dennoch ist zu spüren, dass Produzent Judd Apatow ("Beim ersten Mal") und Regisseur Jake Kasdan eingefleischte Musikfans und Biopic-Fans sind. Denn man kann nur etwas auf die Schippe nehmen, was man liebt. Jede gelungene Parodie ist immer auch Hommage.
John C. Reilly spielt eine Musiklegende auf wackligen Beinen
John C. Reilly, Country-Fans als eine Hälfte der singenden Cowboy-Duos "Lefty & Dusty" aus "Robert Altmans Last Radio Show" vertraut, singt auch hier wieder selbst und er verkörpert so etwas wie den Übervater aller Rockklischees, in dem man nicht nur Johnny Cash wiederfindet. Mal liegt er fett und aufgedunsen in der Wanne wie Jim Morrison. Dann versucht er sich wirr und vollbärtig an visionärem Orchesterpop à la Brian Wilson. Er philosophiert mit den weggetretenen Beatles in Indien und hält sich einen Schimpansen als Haustier wie Michael Jackson. Rockgeschichte auf zwei (wackligen) Beinen eben. Superstar, verwirrtes Drogenwrack, vergessenes und wiederentdecktes Genie, Der Stoff, aus dem Legenden sind. Dewey Cox mischt bei Rock, Psychedelic, Disco und Hip Hop mit, feiert ein furioses Coolness-Comeback und tritt stilecht von der Bühne ab, um fortan mit den Englein zu singen. Was für ein Leben! Seine 22 Kinder, 14 Stiefkinder und 411 Sexualpartnerinnen nicht zu vergessen. Aber seine einzige Liebe ist natürlich: die Backgroundsängerin.
America Loves Cox!
Dieser weite Rahmen bietet Raum für jede Menge mehr oder weniger gelungener Einfälle. Manche sind grandios, wie der Running Gag, dass Dewey seine Band auf dem Klo über die Jahre bei immer härteren Drogen erwischt, bis sie schließlich in der Jetztzeit und bei Viagra angelangt sind. Oder die absurde Idee, den über 40-jährigen Reilly ohne jegliche Maske den 14-jährigen Dewey verkörpern zu lassen. Andere wiederum laufen ins Leere, wie beispielsweise eine platte "Dirty Dancing"-Anspielung. Der Soundtrack ist allerdings über sämtliche Kritik erhaben und stammt unter anderem von den Songschreibern Dan Bern, Charlie Wadhams und Marshall Crenshaw. Bei oberflächlichem Hinhören würden die countryesken Songs des Films problemlos als radiotaugliche Hits durchgehen. Aber die Texte stecken natürlich größtenteils - wie der Film auch - voller Anzüglichkeiten, Ironie und purem Nonsens. Die musikalische Gästeliste kann sich ebenfalls sehen lassen: Lyle Lovett, Eddie Vedder, Jack White, Jackson Browne und Jewel spielen sich selbst. Jack White (von den White Stripes) spielt in einem Cameo-Auftritt einen völlig zugeknallten Elvis. Na dann: Let's Rock!
Fazit: Auch wenn in "Walk Hard: Die Dewey Cox Story" nicht jeder Gag ein Volltreffer ist, diese Parodie auf Biografie-Filme macht viel Spaß - und verfügt über ausgezeichnete Songs.