Lucinda Williams

LucindaWilliams

Die bereits seit Jahren als Kult verehrte Singer/Songwriterin Lucinda Williams wurde von Kritikern und Musikerkollegen gleichermaßen als Riesentalent gepriesen, aber es dauerte eine ganze Weile, bis sie diesen Respekt in eine gewisse Aufmerksamkeit seitens des allgemeinen Publikums umsetzen konnte. Zum Teil lag es an ihrem legendären Perfektionismus: Williams veröffentlichte nur selten Platten und benötigte häufig Jahre, um sowohl das Material als auch die entsprechenden Aufnahmen zu verfeinern. Außerdem wurden ihre frühen Werke auf kleineren Labels veröffentlicht, die ihrem Beharren auf kreativer Freiheit nachgaben, aber nicht über die Ressourcen oder das Stehvermögen verfügten, um ihre Musik umfassend zu bewerben. Gerade diese Detailbesessenheit und ihr standhaftes Festhalten an ihrer eigenen Vision halfen ihr jedoch dabei, sich einen Namen zu machen. In ihren besten Zeiten (und die gab es oft) steckten auch ihre einfachsten Songs voller literarischer Details, von ihrer poetischen Bildhaftigkeit bis hin zu ihren fehler- und konfliktbehafteten Figuren. Ihre Gesangsstimme, deren Grenzen sie freimütig zugab, entwickelte sich dennoch zu einem bewegenden Instrument, das ihrem Material vollkommen angemessen war. Wenn also manche Kritiker sie als den "weiblichen Bob Dylan" beschrieben, haben sie die Dinge vielleicht ein wenig zu sehr vereinfacht (Townes Van Zandt wäre vielleicht passender), aber die Parallelen waren sicher zu offensichtlich, um sie zu ignorieren.

Lucinda Williams wurde am 26. Januar 1953 in Lake Charles (Louisiana) geboren. Ihr Vater war Miller Williams, ein Literaturprofessor und veröffentlichter Dichter, der seiner Tochter nicht nur die Liebe zur Sprache, sondern auch zum Delta Blues und zu Hank Williams mitgab. Die Familie zog häufig um, da Miller Lehraufträge in Hochschulen in Louisiana, Mississippi, Georgia, Arkansas und sogar Mexiko-Stadt und Santiago de Chile annahm. In der Zwischenzeit entdeckte Lucinda über ihre Mutter die Folkmusik (insbesondere Joan Baez) und wurde dazu angeregt, sich selbst im Singen und Songschreiben zu versuchen, nachdem sie Bob Dylans "Highway 61 Revisited" hörte. In der sie umgebenden College-Szene lernte sie auch die Rockmusik der 60er Jahre und anspruchsvollere Singer/Songwriter wie Leonard Cohen und Joni Mitchell kennen. Sie begann in New Orleans und während des Aufenthalts der Familie in Mexiko-Stadt, Folksongs erstmals öffentlich zu präsentieren. 1969 wurde sie aus der High School geworfen, da sie sich weigerte, den Treueschwur auf die amerikanische Flagge zu leisten. Sie verbrachte ein Jahr damit, eine von ihrem Vater bereitgestellte Leseliste durchzuarbeiten, bevor sie ihr Zuhause verließ.

Williams trat rund um New Orleans als Folkkünstlerin auf, die Coverversionen mit Eigenkompositionen im traditionellen Stil mischte. 1974 zog sie nach Austin (Texas) und wurde Teil der aufkeimenden Roots Music-Szene; später teilte sie ihre Zeit zwischen Austin und Houston auf und zog schließlich nach New York. Ein Demoband verschaffte ihr die Möglichkeit einer Aufnahme für das Folkways-Label der Smithsonian Institution, und sie ging nach Jackson (Mississippi), um ihr erstes Album bei den Malaco Studios einzuspielen. "Ramblin' on My Mind" (das später einfach in "Ramblin'" umbenannt wurde) wurde 1979 veröffentlicht und enthielt eine Auswahl traditioneller Blues-, Country-, Folk- und Cajun-Songs. Williams kehrte nach Houston zurück, um 1980 das Nachfolgealbum "Happy Woman Blues" aufzunehmen. Als ihr erstes aus Eigenkompositionen bestehendes Album stellte es einen wichtigen Schritt nach vorne dar. Es war zwar noch sehr viel mehr den Zwängen der Tradition verhaftet als ihre späteren, stilübergreifenden Arbeiten, ihr Talent war jedoch schon offensichtlich.

Es sollte allerdings noch einige Zeit dauern, bis ihr Talent voll erkannt wurde. Lucinda Williams pendelte in den frühen 80ern zwischen Austin und Houston hin und her und zog 1984 dann nach Los Angeles, wo sie langsam das Interesse einiger Major-Labels weckte. CBS nahm sie Mitte der 80er mit einem Development Deal unter Vertrag, verzichtete aber letztlich, da weder ihre Rock- noch ihre Country-Sparte wussten, wie sie sie vermarkten sollten; etwa zur selben Zeit wurde eine kurzlebige Ehe mit dem Schlagzeuger Greg Sowders geschieden. Lucinda Williams kam letztlich bei einem unwahrscheinlichen Partner unter - dem britischen Indie-Label Rough Trade, das besser bekannt für seine Punk-Produktionen war. Das einfach mit "Lucinda Williams" betitelte Album erschien 1988. Obwohl es im Mainstream keine großen Wellen schlug, erhielt es glänzende Kritiken von denen, die es hörten. Mit Hilfe des Gitarristen und Koproduzenten Gurf Morlix hatte sich Lucinda Williams Sound zu einer nahtlosen Mischung aus Country, Blues, Folk und Rock entwickelt. Während es für die Fans der Roots-Music völlig stimmig war, passte es nicht zum festgefahrenen Geschmack der Radio-Programmgestalter. Es war jedoch klar, dass sie ihre Songwriter-Stimme gefunden hatte - dass Album strotzte vor Selbstbewusstsein und gleiches galt für die weiblichen Figuren, die sich nur gegenüber ihren eigenen Leidenschaften verantwortlich zu fühlen schienen.

Viele Kritiker lobten das Album "Lucinda Williams" als großes Ausrufezeichen eines großen neuen Talents. Rough Trade gab ein paar EPs heraus, die Live-Auftritte und Material von Lucinda Williams boten. Patty Loveless hatte mit der Coverversion ihres Songs "The Night's Too Long" einen Top-20-Hit in den Country Charts. Es sollte jedoch vier Jahre dauern, bis Williams ein neues Album nachlegte. Sie war eine Zeitlang bei RCA unter Vertrag, verließ das Label aber wieder, als sie das Gefühl hatte, dass es sie unter Druck setzte, um Material zu veröffentlichen, das ihrer Meinung nach noch nicht bereit für die Öffentlichkeit war. Stattdessen ging sie zum kleinen, durch Elektra vertriebenen Label Chameleon, das "Sweet Old World" schließlich 1992 veröffentlichte. Im Vergleich zu dem Vorgänger "Lucinda Williams" war "Sweet Old World" folklastiger und stellte eine unerschrockene Meditation über Tod, Verlust und Reue dar. Sogar in den schnelleren Momenten war es geprägt von Songs wie dem Titelsong und "Pineola", zwei überwältigende, herzerweichende Berichte über den Selbstmord eines Freundes der Familie (des Dichters Frank Stanford, nicht ihres eigenen Bruders, wie viele Hörer vermuteten). Es versteht sich von selbst, dass die Platte von der Kritik erneut hoch gelobt wurde, und Williams ging mit Rosanne Cash und Mary Chapin Carpenter in Australien auf Tour.

Während dieser Tour beschloss Carpenter "Passionate Kisses", den Schlüsseltitel und die Absichtserklärung von Lucinda Williams aufzunehmen. Der Song schoss 1993 in die Top Fünf der Country-Charts und brachte seiner Autorin einen Grammy für den Country-Song des Jahres. Andere Künstler begannen damit, den Songkatalog von Williams nach Material zu durchforsten: die bekennende Verehrerin Emmylou Harris nahm "Crescent City" auf ihrem Album "Cowgirl's Prayer" von 1993 auf und veröffentlichte "Sweet Old World" auf ihrem Alternative Country-Meilenstein "Wrecking Ball" von 1995; Außerdem coverte Tom Petty "Changed the Locks" für den Soundtrack "She's the One" von 1996. In dem Maß, wie die Begeisterung für Lucinda Williams wuchs, stiegen auch die Erwartungen für ihr nächstes Album. Nachdem Chameleon untergegangen war, unterzeichnete sie bei dem Label American Recordings von Rick Rubin und begann Aufnahmesessions, bei denen Morlix erneut als Koproduzent fungierte. Unzufrieden mit den Ergebnissen nahm Williams drastische Ausbesserungen vor, was zu Morlix Ausstieg aus dem Projekt und aus ihrer Begleitband führte. 1995 zog sie in die Nachbarschaft von Emmylou Harris in Nashville und heuerte über diese Steve Earle und seinen Produktionspartner Ray Kennedy an. Zunächst war sie von deren Arbeit so begeistert, dass sie das ganze Album von Grund auf neu einspielte. Als es fertig war, befand sie, dass es überproduziert klang und nahm die Platte mit nach Los Angeles, wo sie Roy Bittan verpflichtete (ehemaliger Keyboarder der E-Street Band von Bruce Springsteen), um eine Reihe von Overdub-Sessions mitzuproduzieren, die schon an das Zwanghafte grenzten. Während der langen Wartezeit für das Album begannen die Medien, Williams mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Einige Berichte waren ziemlich unvorteilhaft und stellten sie als neurotischen Kontrollfreak dar, aber sie antwortete darauf immer, dass es unfair sei, denn Prozess zu kritisieren, wenn die Ergebnisse den Aufwand wert seien.

Rubin mischte die endgültigen Tracks ab, aber die Veröffentlichung des Albums verzögerte sich weiter, als er in Verhandlungen eintrat, um das American-Label zu verkaufen. Mercury schaltete sich ein, um die Rechte an dem Album zu erwerben, das schließlich 1998 unter dem Titel "Car Wheels on a Gravel Road" veröffentlicht wurde. Mit seinem klaren zeitgemäßen Roots Rock-Sound mit starken Anklängen von Country und Blues und nicht zuletzt der Promotion-Unterstützung eines Major-Labels wurde das Album allgemein lobend aufgenommen und schaffte es in die Jahres-Top-Ten vieler Kritiker. Außerdem gewann es die angesehene Pazz & Jop-Abstimmung von "The Village Voice" sowie den Grammy für Best Contemporary Folk Album (obwohl es das am wenigsten folkorientierte Album ihrer Karriere ist) und war ihr erstes Album, das Gold-Status erreichte. Damit bewies sie allen Zweiflern, dass sie nicht nur eine Songschreiberin, sondern eine ausgewachsene, eigenständige Plattenkünstlerin ist. Nach einer fusionsbedingten Umstrukturierung bei Mercury landete Williams bei dem durch Universal vertriebenen Label Lost Highway. Sie war im Jahr 2000 Gegenstand eines ausgiebigen, weithin gefeierten Porträts im "New Yorker", die von Bill Buford geschrieben wurde, der für seine Arbeit für einen "National Magazine Award" nominiert wurde. Williams und einige ihrer Anhänger meldeten jedoch Einwände gegen einige seiner objektivierten Analysen.

Williams lieferte ihr nächstes Album, "Essence", 2001 ab, nach einer relativ kurzen Wartezeit von nur drei Jahren. Diese introspektive Sammlung zeigt Williams häufig von einer einfacheren, minimalistischeren lyrischen Seite und wurde mit entzückten Kritiken aus den meisten Lagern aufgenommen. Der Titel "Get Right With God" brachte Williams ihren dritten Grammy ein, diesmal als beste weibliche Rockinterpretin, was ihre Glaubwürdigkeit als Sängerin und nicht nur als Songwriterin weiter festigte. Sie schraubte die Zeit zwischen Albumveröffentlichungen noch weiter herunter und kehrte 2003 mit "World Without Tears" zurück, das ihr bisher größter Charterfolg wurde, als es in die Top 20 einstieg. 2005 kamen zwei Live-Aufnahmen heraus, eine ("Live @ the Fillmore") für Lost Highway und eine andere ("Live from Austin, TX") für das Label New West. Das Album "West" erschien 2007 und Little Honey erfolgte 2008.

Auf der privaten Schiene gab Williams ihrem Manager Tom Overby am 18. September 2009 das Ja-Wort. Die Hochzeitszeremonie fand nach ihrem Auftaktkonzert zur 30jährigen Jubiläums-Tournee im legendären First Avenue in Minneapolis, Minnisota, statt.

Cover Jahr Album Anmerkung
Cover 2021 Southern Soul: From Memphis to Muscle Shoals & More (Highway 20 / Thirty Tigers) CD Besprechung
Cover 2021 Runnin' Down a Dream: A Tribute to Tom Petty (Highway 20 / Thirty Tigers) CD Besprechung
Cover 2020 Good Souls Better Angels (Highway 20 / Thirty Tigers)  
Cover 2017 This Sweet Old World (Highway 20 / Thirty Tigers) CD Besprechung
Cover 2016 The Ghosts of Highway 20 (Highway 20 / Thirty Tigers) CD Besprechung
Cover 2014 Down Where the Spirit Meets the Bone (Highway 20 / Thirty Tigers) CD Besprechung
2014 Lucinda Williams (25th Anniversary Edition) (Lucinda Williams / Thirty Tigers) CD Besprechung
 2011 Blessed (Lost Highway) CD Besprechung
 2008 Little Honey (Lost Highway) CD Besprechung
2007 West (Lost Highway) CD Besprechung
2007 Exclusive Demo Recordings (Lost Highway)  
2005 Live At The Fillmore (Lost Highway) CD Besprechung
2003 World Without Tears (Lost Highway)  
2003 Artists Choice (Rhino)  
2003 Classic Wiederauflage von "Lucinda Williams" mit Bonus Tracks!
2001 Essence (Lost Highway)  
1998 Car Wheels On A Gravel Road (Mercury)

CD Besprechung
1xgold

1992 Sweet Old World (Chameleon)  
1988 Lucinda Williams (Chameleon)  
1980 Happy Woman Blues (Smithsonian Folkways)  
1979 Ramblin' (Smithsonian Folkways)  
Cover Jahr Album Anmerkung
2005 Live From Austin, TX (Soulfood Music)  
2005 Return To Sin City - A Tribute To Gram Parsons (Sony BMG)  
2001 Charlie Rose - A Conversation With Lucinda Williams (Charlie Rose, Inc.)  
Jahr Rolle Film/Serie
1994 Carnival Band F.T.W.
vgw
Musik von und mit Lucinda Williams
DVDs von und mit Lucinda Williams