Brenda Lee: Lektionen von der Vorreiterin moderner Country-Stars

Brenda Lee; Photo: Country Music Hall of Fame and Museum

Lange bevor "Star Search" Britney Spears und Christina Aguilera hervorbrachte, bevor "American Idol"Kelly Clarkson und Carrie Underwood fand und MySpace Miley Cyrus und Taylor Swift hervorbrachte- Jahrzehnte bevor diese weiblichen Teenageridole geboren wurden- gab es Brenda Lee.

Wie in der Ausstellung "Brenda Lee: Dynamite, Presented by Great American Country Television Network" in der Country Music Hall of Fame and Museum bis einschließlich Juli 2010zu sehen ist, konnte bisher keiner dieser jungen Megastars trotz ihrer atemberaubenden Erfolge die Größe der früheren Brenda Mae Tarpley in den Schatten stellen.
Lee, die einzige Frau, die sowohl in die Country Music als auch die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurde, und acht Jahre lang Mitglied des CMA Board, war laut den Ranglisten, die vom Billboard-Chartguru Joel Whitburn zusammengestellt wurden, die kommerziell erfolgreichste Sängerin der 1960er. Bis heute verkaufte sie weltweit mehr als 100 Million Alben.

Brenda Lee; Photo: Country Music Hall of Fame and Museum

Sie war der jüngste Star (12) am Las Vegas Strip und als Teenager ein regelmäßiger Gast in der "The Ed Sullivan Show", bei "Ozark Jubilee" von Red Foley und anderen landesweiten Fernsehshows. Wegen ihrer zierlichen Figur, der großen Stimme und ihrer elektrisierenden Bühnenpräsenz "Little Miss Dynamite" genannt, trat sie seit den 1950ern international auf, einschließlich 30 Reisen nach Japan und 1962 einer Tour durch England mit The Beatles als Vorgruppe. Im Jahr 2009 wurde Lee, die immer noch bei etwa 20 Shows pro Jahr auftritt, mit der höchsten Auszeichnung der Recording Academy geehrt, dem Lifetime Achievement Award.

"Ich kann es immer noch kaum glauben", sagte Lee vor kurzem bei einem Besuch der Ausstellung in der Hall of Fame, als sie vor einer Vitrine mit einigen ihrer zahlreichen Auszeichnungen stand.

"Wenn ich diese Auszeichnungen ansehe, dann fühlt es sich an, als ob sie nicht mir gehörten", erläutert sie, während sie den Wunsch der Fans, die in einem steten Strom an sie herantreten, nach Autogrammen erfüllt. "Jemand hat seine Sache gut gemacht, aber dieser Jemand bin nicht ich, weil das nie mein Ziel war. Ich habe mir nicht vorgenommen, eine Menge Auszeichnungen zu gewinnen oder eine Menge Geld zu verdienen oder Millionen von Alben zu verkaufen. Ich wollte einfach nur singen, und es war mir vergönnt das zu tun. Und dann war es mir auch noch vergönnt, dafür anerkannt zu werden. Dennoch ist es immer noch unglaublich. Absolut."

Hätte ein anderer Künstler so gesprochen, es hätte unaufrichtig geklungen oder zumindest oberflächlich. Aber nicht so bei Lee, die ihren beruflichen Weg begann, um ihrer Mutter und ihrer Schwester nach dem Tod des Vaters zu helfen. Das aussagekräftigste Andenken in der Ausstellung an diese Phase ihrer Karriere ist ein Foto von Lee, auf dem sie, noch nicht ganz 10 Jahre alt, bei einem Auftritt im Biltmore Hotel in Atlanta kurz nach dem Ableben ihres Vaters zu sehen ist. Sie wird von einem Klarinettisten und einem Akkordeonspieler begleitet und trägt Cowgirlstiefel und Westernkleidung für Kinder.

Zwei Jahre später zog die Familie von Augusta, GA, nach Springfield, MO, damit sie nicht die anstrengende Anreise für Lees wöchentliche Auftritte bei "Ozark Jubilee" auf sich nehmen musste. "Sonst", erklärt sie, "mussten wir freitags direkt nach der Schule einen Greyhound-Bus nehmen, die ganze Nacht fahren, sind irgendwann am Samstag dort angekommen, haben die Show hinter uns gebracht, sind wieder in den Bus gestiegen, die ganze Nacht gefahren, am Sonntag zu Hause angekommen und am Montag wieder zur Schule gegangen. Das wurde nach einer Weile wirklich anstrengend."

In Anspielung auf diese weniger glanzvollen Zeiten bekannte sie bei ihrer Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame: "Es war ein langer Weg von den Baumwollfeldern in Georgia bis zum Waldorf Astoria." In der Ausstellung wird Videomaterial ihrer Rede, in der sie ihren Produzenten, den verstorbenen Owen Bradley, und ihr erstklassiges Team von Studioprofis, die sie bei den Aufnahmen begleiteten, mit Lob überschüttet, und anderes Bildmaterial aus jeder Phase ihrer Karriere gezeigt.

Brenda Lee; Photo: Donn Jones

"Owen war wundervoll", erinnert sich Lee. "Er kannte alle seine Künstler so gut, nicht nur beruflich sondern auch persönlich. Er wusste, wozu sie fähig waren, und er wusste auch, wie er es aus ihnen herausholte."

Er beschränkte auch weder seine Fantasie noch die seiner Künstler auf die theoretischen Grenzen zwischen Country, Pop und Rock 'n' Roll. "Owen war immer der Ansicht‚ wenn es gut ist, ist es alles", sagt Lee. "Daher wählten wir immer den besten Song, den wir wählen konnten. Die Männer vom Team, Buddy Harman, Bobby Moore, Floyd Cramer, Boots Randolph, Ray Edenton, Harold Bradley, Grady Martin, Hank Garland - wen habe ich vergessen? - und natürlich die Anita Kerr Singers, wir saßen alle zusammen und sie sagten, 'So, ich denke, sie singt diese Zeile, wir kommen dazu mit dem scooby-dooby-do.' Und Grady sagte dann, 'Ich spiele diesen Lick', und Boots sagte, 'Wie ist es, wenn ich das im Solo spiele?'. Und so entstand es."

Das "es", von dem Lee spricht, umfasst 250 Songs, die sie bis zum Alter von 21 Jahren für Decca aufnahm, einem Unternehmen, das mittlerweile zur Universal Music Group gehört. Gut 30 davon waren Top 40 Pop-Hits; weitere etwa 20, die zum Großteil in den '70ern und '80ern aufgenommen wurden, landeten in den Country Top 40. Die größten darunter, von "I'm Sorry" und "I Want to Be Wanted" bis zu "Dum Dum" und "Rockin' Around the Christmas Tree" werden schon seit langem als Klassiker angesehen.

Als der Gitarrist der Rolling Stones, Keith Richards, von der Ausstellung in Nashville hörte, schickte er Lee ein Autogrammfoto mit einer Notiz, dass er vor jeder seiner Shows ihren Hit "Sweet Nothin's" von 1959 auf seinem iPod anhört. Elton John, der von sich sagte, dass er seinen Riesenerfolg "Crocodile Rock" von 1972 mit Lee im Hinterkopf schrieb, sandte ihr eine mit Glitzersteinen besetzte Sonnenbrille.

Diese und andere Kontakte zu Prominenten tauchen in der Ausstellung immer wieder auf, darunter ein Foto von Lee mit der Königin von England und Videomaterial von ihr und Bob Hope bei einer seiner Fernsehsendungen. Am beeindruckendsten, zwischen all ihren Auszeichnungen, sind aber vielleicht die Dinge, die belegen, wie Lee Beruf und Familie im Laufe der 60 Jahre ihrer Karriere stets vereinte.

"Wir wollten die Geschichte dieser außergewöhnlichen Familie erzählen, von Brendas unglaublicher Disziplin als Mutter und Ehefrau und inzwischen als Großmutter", erklärt die Kuratorin der Ausstellung, Carolyn Tate, VP of Museum Services, Country Music Hall of Fame and Museum. "Sie integriert die Termine ihrer Enkel jeden Tag in ihren Arbeitsablauf. Es ist erstaunlich, und sie hat so etwas von Anfang an immer getan."
 
Sie war auch über fünf Jahrzehnte mit ein und demselben Mann verheiratet, Ronnie Shacklett. Shacklett war mehr als nur ihre Jugendliebe, er war seit dem Tod von Dub Albritten, der sie in ihren Anfangsjahren gemanagt hat, auch für Lees Karriere verantwortlich. Er notierte sogar auf der Rückseite ihrer Heiratserlaubnis, die auch in der Ausstellung zu sehen ist, dass seine frischgebackene Braut am selben Tag um 15 Uhr eine Probe für ihren Auftritt in der "The Ed Sullivan Show" am 12. Mai 1963 hat.

Brenda Lee; Photo: Brenda Lee Archives

"Ich dachte, 'Wow, Ronnie, wie romatisch'", erinnert sich Lee und lacht.

Ihre persönlichen und beruflichen Erfolge sind rekordverdächtig, ebenso wie ihre geschichtliche Bedeutung als so etwas wie ein Prototyp der weiblichen Teenageridole von heute. "Dennoch", gibt Lee zu, "bin ich mir nicht sicher, ob ich es heute schaffen könnte. Als ich anfing, genügte Talent, aber heutzutage braucht man das komplette Paket. Das ganze Aussehen, das ganze Image, das ganze Verhalten, die ganze Einstellung. Du bist ein Produkt. Du bist nicht mehr du selbst."

Trotzdem verfolgt Lee viele der jungen Stars von heute und erfreut sich an ihnen. Denjenigen, die ihr auf dem Weg folgen, den sie als sehr junges Phänomen bereitet hat, gibt sie einen einfachen Rat: "tehe mit ganzem Herzen zu deinem Traum und sei bereit, ganz und gar an dich selbst zu glauben, auch wenn kein anderer an dich glaubt.
Manchmal kann es ein langer Weg sein, auf dem du viel Herzblut lassen musst, bevor du irgendeinen Erfolg mit deiner Musik siehst. Oft kommen junge Künstler zu mir und sagen, 'Nun ich werde es einige Jahre lang versuchen und wenn ich keinen Erfolg habe, dann kehre ich zu dem zurück, was ich vorher gemacht habe.' Ich glaube, dass du das "Vorher" ausblenden musst, wenn du in diesem Geschäft Erfolg haben willst."

"Übrigens", fährt sie fort, "wenn du glücklich sein kannst mit etwas anderem als einer Karriere im Musikgeschäft, dann mach das. Eine Musiklaufbahn ist nicht das richtige für Menschen, die Dinge halbherzig angehen oder die sich leicht entmutigen lassen oder für Menschen, die sich leicht mit einem Plan B abfinden können. Musik kann ein sehr harter Beruf sein. Es nur für diejenigen eine Laufbahn, die niemals mit etwas anderem glücklich werden könnten.“
Bei den heutigen jungen Stars hebt Lee unter anderen Favoriten Miranda Lambert und Taylor Swift hervor. „Das sind reale Menschen, die über reale Dinge singen", sagt sie. "Darum reagieren die Menschen auf Taylor Swift. Es können Teenager sein. Es können junge Erwachsene sein. Es ist mir egal. Aber sie reagieren auf Millionen und Abermillionen von Arten und Weisen. Sie verkauft im Moment mehr als jeder andere in der Branche. Das ist enorm."

Swift erwidert den Respekt, den ihr Lee erweist, in gleicher Weise. "Eine Sache, für die ich dieses Jahr sehr dankbar war, ist die Unterstützung durch meine Künstlerkollegen, und Brenda Lee war wunderbar gütig zu mir", sagt sie. "Sie ist nicht nur eine großartige Künstlerin, sondern auch ein großes Rollenmodell für andere Künstler, die in sehr jungen Jahren mit ihrer Karriere beginnen."

Wie Lee es sieht, haben sie und Swift einen Charakterzug gemeinsam, der unentbehrlich ist für ihren Erfolg: "Sie ist wer sie ist. Sie ist einfach nur sie selbst. Sie hat keine Plattenfirma, die ihr sagt, 'Du musst deine Einstellung ändern, weil du zuviel lächelst. Du musst ein bisschen düsterer auftreten, weil das gerade angesagt ist.'"

"Zu mir sagte einmal eine Plattenfirma: 'Lächeln Sie nicht. Sie lächeln zuviel.' Ich sagte: 'Machen Sie Witze? Das bin ich. Das ist, was ich tue'", schließt Lee - natürlich mit einem Lächeln.

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