Die Country-Sängerin verabschiedet sich mit ihrem neuen, "erwachseneren" Album endgültig von ihrem Neulingsstatus. Es ist gar nicht verwunderlich, dass ihr diese Worte in den Sinn kamen. Underwood, 24, wurde in weniger als zwei Jahren aus dem sicheren Leben einer schüchternen College-Studentin aus Oklahoma in die unbekannte Welt eines preisgekrönten Country-Superstars hineinkatapultiert.
Sechs Monate nachdem sie im Mai 2005 als Siegerin bei "American Idol" hervorging, veröffentlichte sie ihr Debütalbum "Some Hearts", das sich 6 Millionen Mal verkaufte und zudem zum meistverkauften weiblichen Country-Album der vergangenen drei Jahre wurde. Alle fünf Singles, die aus diesem Album ausgekoppelt wurden, darunter "Jesus, Take the Wheel", "Before He Cheats" und "Wasted", stiegen auf Platz 1 der Charts. Die Königin der Country Music Association und der Country Music Academy hat bereits zwei Grammies sowie mehrere andere Auszeichnungen der Branche gewonnen. Am kommendenFreitag wird das Album "Carnival Ride", im Zuge dessen sie an vier Songs mitgeschrieben hat, veröffentlicht. Des Weiteren ist sie im Rahmen der am 7. November stattfindenden Country Music Association Awards Show für drei Auszeichnungen nominiert.
"Das war echt ein Glückstreffer", sagt sie mit Bezug auf den Erfolg ihres Debütalbums. "Wir hatten wirklich sehr viel Glück. Viele Leute haben ihre Arbeit sehr gut gemacht und sehr hart gearbeitet. Ich glaube, ich habe es immer noch nicht ganz begriffen. Ich werde es wahrscheinlich erst dann begreifen, wenn sich andere Singles oder Alben nicht so gut verkaufe", sagt sie und lacht dabei, "und dann wird es mich wie ein Schlag treffen und ich werde denken, 'Wow, das war wirklich cool"."
Sängerin lässt sich nicht aus der Fassung bringen
Nachdem sie sich das kleine Schwarze und die Stöckelschuhe ausgezogen hat, zieht sich Underwood ein Sweatshirt und eine Leggins an und setzt sich auf ein schwarzes Sofa, das sich in einem der Umkleideräume des Grand Ole Opry Konzerthauses befindet und beginnt an einem Müsliriegel zu knabbern. In der Show am Dienstagabend, bei der ihre Mutter, ihre Schwester und ihr Großvater zugesehen hatten, hatte Underwood vier Songs gesungen, darunter auch "How Great Thou Art". Die Noten dieses Songs waren so hoch, dass es wirklich anstrengend war, ihn zu singen und deshalb war die Sängerin dann von der überwältigenden Reaktion des Publikums völlig unerwartet zu Tränen gerührt.
Das war einer der wenigen Momenten, in denen sie ihre Gefühle überwältigt haben. Denn wie ihr Vater, lässt sich auch Underwood nicht aus der Fassung bringen und bewahrt immer die Ruhe - egal, ob ihr nun etwas Aufregendes oder Enttäuschendes mitgeteilt wird. Als ihr zum Beispiel ihr Manager per SMS mitteilte, dass sie für zwei American Music Awards nominiert ist, antwortete sie nur: "Cool. Wer ist sonst noch nominiert?" Es fällt mir manchmal schwer, Gefühle zu zeigen", sagt sie. "Das stört die Leute vielleicht manchmal oder sie bekommen einen falschen Eindruck, weil ich nicht so überschwänglich reagiere wie ich vielleicht sollte. Ich bin eben eine Denkerin. Selbst wenn man mir gute Nachrichten mitteilt, denke ich mir immer 'Okay, was hat das zu bedeuten?´ Ich trage meine Gefühle einfach nicht nach Außen. Ich freue mich im Innern. Jedoch ab und zu gehen dann doch meine Gefühle mit mir durch und wenn das passiert, fühlt sich das äußert komisch für mich an."
Ihr schneller Aufstieg war kein leichter
Trotz ihres unveränderten Verhaltens und der beeindruckenden Zahlen war der Weg an die Spitze für Underwood nicht immer ein Zuckerschlecken. Sie wurde in die für sie völlig neue Branche der Countrymusik hineingeworfen und musste sich Abneigung und Eifersucht stellen. Sie musste oft furchtbare Angst ausstehen, wie zum Beispiel bei der Country Music Association Awards Show, als sie vor einigen Leuten singen musste, die ihre Berechtigung an dieser Show teilzunehmen in Frage stellten.
Sie ist als Opener mit Kenny Chesney und Brad Paisley auf Tour gegangen und ist dann bald auch als Headlinerin ihrer eigenen Shows unterwegs gewesen. "Es ist großartig auf der Bühne zu stehen, aber ich denke, dass einige Leute manchmal vergessen, dass ich ja erst ein Album herausgebracht habe und dass ich erst jetzt keine Newcomerin mehr bin, erst jetzt. Erst jetzt bin ich kein Neuling mehr."
Als sie schließlich dem Druck entkommen konnte und zurück nach Hause nach Checotah im US-Bundesstaat Oklahoma kehren konnte, stellte sie fest, dass sich auch ihr altes Leben verändert hatte. Viele Familienangehörige und Freunde haben sie anders behandelt und plötzlich tauchten Spekulationen über ihr Liebesleben viele davon unwahr in der Regenbogenpresse auf.
"Es war einfach total komisch . . . 'Mann, ich glaube, ich kann mit diesen Leuten nicht mehr befreundet sein, weil sie alles, was ich ihnen erzähle an die Presse weitergeben,' oder sie veröffentlichen private Bilder von uns im Internet, die uns zusammen zeigen nichts Schlimmes, aber sie tun es nur, um Aufmerksamkeit zu bekommen", sagt sie. "Sie reden über mich als würden sie mich wirklich gut kennen. Mir ist das klar geworden, als ich anfangen musste bestimmte Leute aus meinem Leben zu entfernen."
Brad Paisley sagt, dass Underwood den Ruhm viel besser verkraftet hat als jeder andere Künstler, der derart schnell an die Spitze gelangt ist. "Sie scheint den Sturm gewittert zu haben und ist ganz locker von einem doch relativ unbekannten Mädchen zum Superstar aufgestiegen. Sie ist jemand, der vernünftig ist, der eine gesunde Einstellung hat, was die Musik und das Leben angeht, und alle Umstände sprechen für sie nach oben sind ihr keine Grenzen gesetzt."
Einige gönnen ihr ihren Erfolg nicht
Jedoch nicht alle waren über Underwoods Erfolg erfreut. Kurz nachdem ihr Album veröffentlicht worden war, kamen Gerüchte im Gebiet Music Row in Umlauf, dass eine reservierte Underwood sich geweigert hätte, mit anderen Künstlern backstage bei Veranstaltungen der Branche zu sprechen. "Wenn irgendjemand auf mich zukam und mit mir sprach was nicht gerade viele gemacht haben war ich so nett wie ich nur konnte. Sie müssen wissen, ich war in einer anderen Welt, ich wusste gar nicht, was ich da verloren hatte. Ich kann das jetzt besser, jedoch war ich damals die Neue und niemand wusste etwas über mich. Daher würde ich sagen, dass alle etwas reserviert mir gegenüber waren."
"Ich war in Umkleideräumen, wo ich genau wusste, dass Leute, die nur zweieinhalb Meter von mir entfernt waren, vor meiner Nase über mich sprachen", sagt sie und fügt hinzu, dass andere Künstler wie zum Beispiel Vince Gill, Reba McEntire, Wynonna Judd und Keith Anderson eine große Unterstützung waren. Dieser Ablehnung wurde sich Underwood nach den 2006 CMA Awards bewusst, im Zuge derer Faith Hill vor laufender Kamera sich darüber lustig machte, dass Underwood die Auszeichnung für die beste weibliche Sängerin gewonnen hatte, indem sie sagte "Was?" und ihre Hände in die Höhe riss.
Diese Geste Hills sorgte dafür, dass die Leute Partei ergriffen, sagt Underwood. "Es war unglücklich, dass sie für fünf Sekunden nicht aufgepasst hat, was sie tut. Vorher gab es keine Parteien, aber dann merkte ich, wie die Leute anfingen zu sagen, dass sie ein Recht hätte, sauer zu sein." LeAnn Rimes ließ auf ihrer Webseite verlautbaren, dass Underwood nicht lange genug ihr Lehrgeld bezahlt hätte, um diese Auszeichnung wirklich zu verdienen.
"Sie hatte früh Riesenerfolge und jeder weiß, dass sie nichtals 12jährige in Bars gespielt hat", sagt Underwood. "Dass sie so etwas gesagt hat, habe ich nicht wirklich so ernst genommen. Hätte es jemand gesagt, der 20 Jahre gearbeitet hat, um diese Auszeichnung zu erhalten und sie dann bekommen hätte, dann wäre es etwas anderes gewesen. Das heißt nicht, dass ich jemanden in der Branche nicht schätze, aber jeder im Musikgeschäft weiß, dass wenn sie die Chancen gehabt hätten, die ich hatte, sie diese in Null Komma Nichts genutzt hätten. Und wenn jemand das Gegenteil behauptet, lügt er", sagt sie und lacht dabei. "Außerdem weiß niemand, was ich bei "Idol" wirklich durchgemacht habe, niemand. Wir waren 10 Leute bei dieser Show und nur wir wissen, was wir durchgemacht haben. Das war das härteste, nervenaufreibendste und erschreckendste, das ich je in meinem Leben gemacht habe. Mir fällt nichts ein, was diese Erfahrung je übertreffen könnte."
Sie hat ihren Platz gefunden
Wynonna Judd sagt, dass Underwood die Zukunft der Countrymusik ist. "Was ich an Carrie bewundere ist, dass sie dem Sturm und all den Meinungen und Urteilen darüber, ob sie aufgrund der Tatsache, dass sie durch "American Idol" berühmt wurde, wirklich in Nashville dazugehört oder nicht, getrotzt hat", sagt Judd. "Fakt ist, dass sie dort hingehört. Sie ist Teil unserer Gemeinschaft, sie hat ein Recht, hier zu sein und hat sich ihren Platz verdient. Sie kommt aus einer doch relativ schnellen und kurzen Show, American Idol, und die Leute sind der Meinung, dass sie im Lotto gewonnen hat, ohne es verdient zu haben. Das enttäuscht und belastet mich, denn wie können wir es wagen, über das Timing Gottes zu urteilen und es in Frage zu stellen? Das ist arrogant und wir tun das nur, weil wir denken, das Recht dazu zu haben."
Fühlt sie sich jetzt vollständig akzeptiert?
"Ich werde in dem Maße akzeptiert, in dem ich es brauche", sagt sie. "Ich fühle mich gut. Die Country-Radiosender waren nett zu mir wie auch viele Leute. Es ist wie mit jeder anderen Arbeit oder allem anderen, was man tut: Es wird immer Leute im Büro geben, die nett zu dir sind und es wird auch immer Leute geben, die nicht so nett zu dir sind und Schwierigkeiten machen."
Sie ist sich mittlerweile sicher, dass sie in diese Branche gehört und hat gar kein Interesse mehr daran, irgendjemanden davon zu überzeugen, dass sie dorthin gehört. "Wenn jemand mich, oder die Art wie ich singe oder die Art, wie auch auf der Bühne performe mag Klasse!", meint sie. "Ich weiß das von ganzem Herzen zu schätzen. Ich habe jedoch auch begriffen, dass Leute, die aus welchem Grund auch immer dich nicht mögen, dich sehr wahrscheinlich niemals mögen werden. Man kann es nicht allen recht machen. Ich erinnere mich an meine Zeit in der High School und daran, dass jemand mal sagte, 'Mein Lieblinssänger ist der und der.' und dass ich daraufhin geantwortet haben: 'Was, den magst du? Ich hasse ihn.´ Jemand denkt ganz bestimmt auch so über mich. So ist es eben."
