Kevin Costner und Modern West rocken Dresden

Kevin Costner

Jetzt singt er auch noch! Okay, das wissen jetzt schon fast alle, denn Kevin Costner hat mit seiner Band Modern West in diesen Tagen bereits das dritte Musik-Album veröffentlicht und auch die Livebühnen haben den Hollywoodstar schon mehr als einmal gesehen. Am Freitagabend startete er seine diesjährige Deutschland Tournee in Dresden. Aber im Gegensatz zum vorigen Jahr, wo ihn ein gut gefüllter Saal frenetisch mit stehendem Applaus empfing, waren die Plätze im Kulturpalast dieses Mal nur etwa zu zwei Dritteln verkauft. Das "A-ha"-Erlebnis ist wohl weg, die Fans, die den Schauspieler mal singen sehen, ihm hautnah erleben wollten, die haben es getan. Obwohl er auch vor einem Jahr eine solide Performance ablieferte, fällt seine Musik scheinbar nicht so sehr auf fruchtbaren Dresdner Boden. Unter Country und Folk- in diese Schublade muss die Musik hierzulande rein - versteht man hier mehr die Richtung in die Sänger wie Tom Astor oder auch Truck Stop gehen. Eine US-amerikanische Band, die kaum im Radio zu hören ist und mit einem gängigen Hit ganz weit vorn in den Charts mitmischt, hat es schwer. Nicht nur in Dresden … Und das obwohl sie ganz gut ist!

Kevin CostnerDoch bevor der Hauptact auf die Bühne kommt, machen Sänger und Gitarrist Tim Warren und Gitarrist Eric Donelly als The Alternate Rutes gar keine schlechte Figur als "Einheizer". Zwar sind sie allein schon durch das Instrumentarium begrenzt, aber das, was sie mit zwei Gitarren und Stimme hinkriegen, kann sich durchaus hören lassen. Es gelingt ihnen sogar, zeitweise eine freudige Stimmung unter den Zuhörern aufzubauen, die sich in Mitstampfen des Rhythmus äußert und im mehr als gefälligen Applaus am Ende der Lieder. Schwer zu greifen ist der Sound des Duos, irgendwo zwischen Folk und Pop, Singer/Songwriter, auch ein wenig Blues. Ungewohnt auch der Einsatz eines "Werkzeugkoffers" als Rhythmusgerät. Bei "The Future Is Nothing" greift Sänger Tim Warren zu diesem recht ungewöhnlichen Instrument und überrascht durch die entstandene Musikalität eines so einfaches Klangerzeugers. The Alternate Rutes sind die wirkliche Überraschung an diesem Abend, denn kaum Jemand im Saal wusste, was ihn erwartet. Trotz der begrenzten Möglichkeiten, die sich ihnen mit nur zwei Musikern bieten, ist ihr kurzes Programm stilistisch vielfältig, abwechslungsreich, kurzweilig und interessant.

Eine Stunde später kommen die Musiker von Modern West ganz unspektakulär auf die Bühne. Da werden nur kurz die Gitarren angestimmt und schon kommt auch der Sänger angelaufen. Die Gitarre lässig um den Hals gehängt, die Arme zur Begrüßung nach oben gereckt. Und schon gehts los mit "Red River", gleich darauf "Ashes Turn to Stone" vom zweiten Album "Turn It On" - Vertun gibts hier und heute mal nicht. Da wird gleich ein flottes Lied angestimmt, Geradeaus-Country-Rock. Die Gitarren haben von Anbeginn an gut zu tun. Alles fließt dahin, stimmungsvoll, melodiös. Gegenüber der letztjährigen Tour hat sich jedoch einiges verändert: Damals nahm der Sänger ein Bad in der Menge, kam von hinten mitten durch das Publikum auf die Bühne, die Videoleinwand zeigte Filmschnipsel aus seinen bekanntesten Filmen und unterstützte später die Musik mit Videoeinspielungen. Heute hat man das Gefühl, es passiere weitaus weniger da vorn und die Musik ist das Alleinige, das zählt.

…und der Rock! Mit all den Facetten, die er bietet, mit ausgiebigen Soli der Musiker. Eine wirkliche Interaktion allerdings, ein Zusammenspiel der Musiker, findet kaum statt …

Kevin CostnerIm Mittelpunkt des Programms stehen die Lieder des neuen Albums. Die sind noch rockiger, als ihre Vorgänger. Überhaupt klingen die Liveversionen aller Lieder wie aus einem Guß, der kaum als seicht zu bezeichnen ist. Ausnahmen lässt Costner nur wenige zu, wie z.B. "Indian Summer", ein fast schon beruhigendes Lied vom neuen Album, das die Bühne in rotes Licht taucht. Schließt man die Augen und hört nur zu, befindet man sich augenblicklich in dieser relaxten Stimmung, inmitten von Natur und untergehender Sonne.

Doch die Jungs um Kevin Costner sind nicht in der Stimmung für Balladen, da macht auch "Long Hot Night" keine Ausnahme. Da wird gerockt, ohne Schnörkel, frei geradeaus. Fiddle und Gitarren haben reichlich zu tun, bei langen Soli. Die Zuhörer gehen mit, klatschen im Rhythmus. Doch insgesamt ist das Frenetische des ersten Auftritts der Band hier in Dresden einer fast schon gemütlichen Zuhörrunde gewichen. Die Leute sitzen lieber in den weichen Polstern und lassen sich unterhalten. Dabei sind die Lieder durchaus geeignet, etwas mehr aus sich herauszugehen. Der Sänger indes erscheint gut gelaunt, scheint viel Spaß zu haben, an dem, was er macht, er animiert immer wieder sein Publikum breit lächelnd. Costner wird an diesem Abend nicht müde, zu betonen, wie schön doch diese Stadt ist und dass er und die Jungs am Nachmittag einen Spaziergang durch die Sonne Dresdens machten.

Kevin CostnerIrgendwie tragen die Songs auch immer eine Botschaft in sich, wie: Verschwende keine Zeit in "Let Go Tonight" oder Ratschläge zur richtigen Partnerwahl in "Find That Girl". Vieles ist in kleine, wie wir immer so leicht meinen und denken, ur-amerikanischen Geschichtchen verpackt. Liebe und Patriotismus schließen sich dabei keinesfalls aus, im Gegenteil. Beides steht eng beieinander. Für US-Amerikaner kein Problem, vielleicht schon eher sogar ein "Muss". Costner spricht über Verlust und Krieg, über Soldaten. Wenn du in den Krieg ziehst, kommst du als anderer Mensch wieder nach Hause. In "Hero" vom neuen Album "From Where I Stand" besingt er genau das, laut und aggressiv, mit aufheulenden Gitarren. Auch "Angels Came Down" ordnet sich da ein. Und dennoch kann genau darauf ein schlichtes Liebeslied folgen. Das alles kann mal nach Springsteen klingen oder nach Tom Petty, eine wirklich eigene persönliche und unverkennbare Note hat Costner noch nicht entwickeln können, aber vielleicht liegt das auch daran, dass er immer wieder betont, nur aus Spaß an der Freude mit seinen Kumpels zu musizieren, dabei gewissermaßen einem Hobby nachzugehen. Das soll jedoch nicht heißen, dass hier kein solides Handwerk, keine erdige Performance vorgelegt wird.

Kevin Costner und seine Band Modern West lassen den frischen Rock zwischen Country und Pop auf grundsolider Basis, mit gut portionierten Perfektionismus, jedoch ohne strikt-fesselnde Dramaturgie, auf die Zuhörer los. Das kann viele Menschen begeistern, denen es möglicherweise gar nicht so wichtig ist, wer da vorn auf der Bühne steht, für den nur die Musik zählt. Wenn man das so sieht, ist auch die mangelnde Zuschauerzahl an diesen Abend kein Manko,sondern für jeden der dabei war, ist die gehörte Musik ein Gewinn. Naja - und wann bekommt man schließlich einen wirklich großen Hollywood-Star mal so nah zu sehen?

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