Alabama - Southern Drawl

CD Cover: Alabama - Southern Drawn

Es gibt Alben, die sind in ihrer Gesamtheit einfach perfekt. Andere, bei denen alles durchweg völlig in die Hose ging. Und dann eine weitere Kategorie, die einfach komplettes Unverständnis hervorrufen und bei denen man sich nur die Frage stellt: Welche Absicht genau hat der Künstler damit verfolgt? Hierzu zählt eindeutig "Southern Drawl", das Comeback-Album von Alabama fast 15 Jahre, nachdem sie 2002 ihren Ruhestand angekündigt hatten und 2004 auf Abschiedstour gegangen waren.

Seit 2013 gaben Randy Owen, Jeff Cook und Teddy Gentry jedoch wieder regelmäßig kleinere Konzerte, 2014 nahmen exklusiv für die Fastfood-Kette Cracker Barrel eine Gospel-CD auf. Dies ebnete den Weg für die weitere Arbeit und schließlich für "Southern Drawl", als sie merkten, dass sie bei ihren Fans noch ankamen und es möglicherweise Zeit wäre, wieder einmal ins Studio zu gehen. Doch vielleicht hätten sich die drei lieber zu Hause in den Schaukelstuhl setzen sollen, denn was bei diesem Projekt schließlich heraus kam, ist eher abstrakt.

 

Hunderte von Songs hätten sie sich angehört, bis sie endlich eine Auswahl getroffen hätten, so Alabama. Offensichtlich waren sie dabei das ein oder andere Mal in etwas ausgelassener Stimmung, denn der Schwerpunkt liegt bei einem Teil des Materials auf "wir machen Party um jeden Preis!", statt wie früher auf gediegener Country Music, wie wir sie beispielsweise von "Dixieland Delight" oder "Feels So Right" kennen. Damals war die Welt noch in Ordnung und die drei Herren schätzten ihr Energieniveau im richtigen Maß ein. Irgendwie scheint ihnen ein kaugummikauender Berater um U30 eingeredet zu haben, dem Profil ihrer Band bzw. ihrer Musik nun plötzlich ein fragwürdig hippes Gesicht verpassen zu müssen und diese nicht mehr durch den Country-Filter zu schicken.

Der Titelsong "Southern Drawl" wird einschlagen - bei Line Dance-Gruppen. Stampf und klatsch und stampf und klatsch. Rappende Country-Opas sind ansonsten ungefähr genauso überflüssig wie Heino mit Totenkopf-Ring und Rocker-Jacke. Dass ihr neuer Sound etwas ungewohnt für die Fans klingen wird, räumte Randy Owen bereits im Vorfeld ein. Mit kleinen Veränderungen der Präsentation hätten diese sicher auch noch leben können, doch dumpf-stupide Tonexperimenten, wie bei "American Farmer", die sich mehr nach tiefenpsychologisch-verhaltensorientierter Musiktherapie anhören, als nach Wohlklang, sind schlichtweg fragwürdig.

Alles übertreffend jedoch ist "Footstompin' Music", das wohl eher versehentlich auf diesem Album gelandet sein muss und ursprünglich für einen Animations-CD für Kindergeburtstage gedacht war. Oder glaubt man ernsthaft, erwachsene Menschen tanzen zu Indianerklängen mit Federn auf dem Kopf im Kreis? Nein, hier schoss man bei aller Würdigung der kreativen Ader bei einigen Liedern wirklich gründlich über das Ziel hinaus. Etwas mal anders machen, die Funktionen der Country Music ausweiten, okay, aber mit Gewalt, nein.

Auch die eigentlich angenehmen Songs, wie "No Bad Days" oder "As Long As There's Love" werden von Alabama nicht mehr wie früher im schlichten Gewandt belassen. Ihre Grundlage wirkt permanent überladen, sei es mit nervigem Klaviergeklimper oder überlautem Schlagzeug, einfach zu arrangiert und anstrengend. Selbst eine der schönsten weiblichen Stimmen der Country Music, Alison Krauss, die bei "Come Find Me" als Background-Sängerin mitwirkt, wird dadurch ihrer Geltung beraubt. Natürlich steuert diese aber auch einigen weiteren Aufnahmen ihre Fiddle-Künste bei.

Dass Alabama an sich beim Publikum nicht an Beliebtheit verloren haben und nach 41 Nr. 1-Hits und 65 Millionen verkauften Platten ohnehin in die Oberliga der Country-Stars gehören, steht außer Frage. Jedoch müssen sich letztlich die Künstler selbst mit der Entscheidung auseinander setzen, ob sie, falls sie sich denn doch noch nicht in Rente begeben, ihre Musik einer solch bizarren Wandlung unterziehen möchten.

Fazit: Alabama haben auch nach längerer Pause nicht verlernt, hochwertige Musik zu machen. Doch ist es schwer, nach der radikalen Veränderung, die diese nun erfahren hat, Zugang dazu zu finden.

Label: TGA / BMG (hier nicht veröffentlicht) VÖ: 18. September 2015
01 Southern Drawl
02 Wasn't Through Lovin' You Yet
03 This Ain't Just A Song
04 As Long As There's Love
05 Back to The Country
06 Hillbilly Wins The Lotto Money
07 Come Find Me
08 No Bad Days
09 One On One
10 American Farmer
11 It's About Time
12 Footstompin' Music
13 I Wanna Be There

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